Mendelssohns Sinfoniekantate „Lobgesang“ zählt zu den ganz großen Meilensteinen der Leipziger Musikgeschichte. Am Samstag feierte in der Oper Mario Schröders Ballettchoreografie zu den weltberühmten Klängen Premiere.

Der Leipziger Ballettdirektor bricht die musikalische Struktur von Mendelssohns Werk auf. Mario Schröder vermischt den „Lobgesang“ mit Francis Poulencs Vokalkantate „Figure humaine“, die der Komponist anlässlich des Endes des 2. Weltkriegs schrieb. Beide Werke würden eine „Vision der Freiheit“ zum Ausdruck bringen, ist im Programmheft nachzulesen.

Ausstatter Paul Zoller räumt den Tänzerinnen und Tänzern auf der entrümpelten Bühne viel Platz zur Entfaltung ihres Könnens ein. Ein Bühnenbild ist quasi nicht existent. Einzige Kulisse ist ein Kasten auf der Hinterbühne, eine Bühne auf der Bühne, in der der Chor sich in Mönchskutten in vier Reihen wie eine steile Wand erhebt. Darüber befindet sich ein schwarzer Steg, eine Brücke, die in einer Szene von einigen Tänzern bespielt wird. Ansonsten bauen Choreograf und Ausstatter voll und ganz auf die effektvolle Wirkung von Licht, Schatten und Bühnennebel.

Chor der Oper Leipzig. Foto: Ida Zenna
Chor der Oper Leipzig. Foto: Ida Zenna

Schröder kreiert zu den festlichen bis sakralen Tönen Mendelssohns eine tänzerische Sturm-und-Drang-Ästhetik. Die einzelnen Bilder sind von Tempo und Dynamik geprägt. Poulencs nihilistische Messages, die a-capella, also ohne Orchesterklang erschallen, untersetzt der Choreograf mit verkrümmenden Bewegungsabläufen, bei denen das Stöhnen der Tänzer bis in die achte Reihe zu vernehmen ist.

Was dem Abend fehlt, ist eine Story, eine Handlung, ein Roter Faden, an dem sich der Zuschauer orientieren könnte. Schröder belässt seinen „Lobgesang“ bei der bloßen Aneinanderreihung von Tableaus, die mit ihren unterkühlten Farbtönen die visionären Stimmungen beider Werke transportieren sollen. Ob das nun ein gutes Ballett oder ein schlechtes Ballett ist, möge jeder für sich beurteilen. „Man ist hin- und hergerissen“, findet eine Dame in der Garderobenschlange.

Dirigent Christoph Gedschold hat Chor und Orchester blendend im Griff. Die Gesangssolisten Olena Tokar, Magdalena Hinterdobler und Martin Petzold sind aus dem tief abgesenkten Orchestergraben bestens zu verstehen. Das Premierenpublikum spendet den Mitwirkenden nach eineinhalb Stunden tosenden Beifall.

Lobgesang. Ballett von Mario Schröder. Oper Leipzig. Nächste Vorstellungen am 19. und 27. Februar.

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