Und jetzt noch einmal Weihnachten, jetzt, da draußen Schnee liegt und der Lockdown sowieso dafür sorgt, dass alle sich besinnlicher fühlen. Nachdem das Leipziger Vokalsextett Voicemade am 26. Dezember den ersten Teil des „Weihnachtsoratorium nach Worten der Evangelisten“ op. 17 des ehemaligen Thomaskantors Kurt Thomas präsentiert hat, gibt es nun die Online-Premiere des zweiten Teils.

Diese Online-Premiere wird am Sonntag, 17. Januar, um 16 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Voicemade stattfinden und komplettiert die erste überhaupt vorhandene Videoaufzeichnung dieses Werkes. Vertont sind in diesem Teil die Bibelszenen der Weisen aus dem Morgenland sowie der Lobgesang des Simeon. Aufgenommen hat das Vocalsextett aus Leipzig diesen zweiten Teil in der Stadtkirche St. Nikolai in Bad Düben, in der Anfang des Jahres eigentlich ein Neujahrskonzert mit der kompletten Aufführung des Weihnachtsoratoriums hätte stattfinden sollen.

Das „Weihnachtsoratorium nach Worten der Evangelisten“ für sechs Stimmen a Cappella op. 17 von Kurt Thomas wurde 1931 als eines der frühen Chorwerke des aus Schleswig-Holstein stammenden Komponisten durch den Berliner Domchor uraufgeführt. Im Jahr seiner Entstehung wurde das anspruchsvolle Werk noch mehrfach an verschiedenen Städten in Deutschland aufgeführt, sogar im Rundfunk gesendet und sehr positiv aufgenommen.

Am 18. und 19.12.1931 erklang es unter anderem auch in Leipzig, unter der Leitung von Kurt Straube mit dem Thomanerchor. In der Folge ist es jedoch zu Unrecht in der Versenkung verschwunden und wurde nur noch wenige Male überhaupt zur Aufführung gebracht. Belegt ist eine einzige Schallplattenaufnahme aus den 1970er Jahren.

Als Student am Leipziger Konservatorium, späterer Thomaskantor von 1957 bis 1960 und langjähriger Chorleitungsprofessor in Berlin und Frankfurt ist dieses musikalische Erbe dennoch von hoher Bedeutung für die deutsche Musikkultur. Der vor allem auch als Pädagoge bekannte Thomas hinterließ ein breites Œuvre anspruchsvoller Chorliteratur, welches jedoch oft hinter seinen Lehrbüchern der Chorleitung zurückbleibt und in den Spielplänen wenig Beachtung findet.

Die sehr kritisch einzustufende Verbindung von Kurt Thomas zum nationalsozialistischen Regime (Parteieintritt 1940, Ergebenheitsbekundungen, Auftritte im offiziellen Rahmen) ist bekannt und keineswegs zu verharmlosen, betonen auch die sechs Sänger/-innen von Voicemade.

Das Weihnachtsoratorium ist jedoch bereits zuvor entstanden und steht in keinerlei Verbindung zu parteipolitischen Zwecken und Ideologien. Auch ist dem Chorleiter und Pädagogen Thomas nach neuestem musikwissenschaftlichem Stand ein pragmatischer und nicht doktrinärer Umgang mit dem damaligen System nachgewiesen.

Konzertteaser Kurt Thomas: Weihnachtsoratorium op. 17 für sechs Stimmen a Cappella – Teil 2

Inhaltlich stellt das Weihnachtsoratorium ein Kompendium verschiedener Evangelientexte der Weihnachtsgeschichte verbunden durch Variationen verschiedener bekannter Kirchenliedmelodien, wie z.B. „In dulci jubilo“ und „Kommt und lasst uns Christum ehren“ dar. Das Werk ist aufgeteilt in vier Abschnitte, wobei die ersten beiden von der Verkündigung und Geburt Jesu handeln, während der dritte und vierte Abschnitt die Ankunft der Könige sowie die Geschichte des weisen Simeon behandeln.

Die Online-Premiere des ersten Teils, aufgenommen in der St.-Nikolai-Kirche Döbeln, fand am zweiten Weihnachtsfeiertag, 26. Dezember 2020, um 15 Uhr auf dem voicemade-YouTube-Kanal statt.

Den ersten Teil des Werkes mit den Abschnitten „Verkündigung und Geburt“ und „Die Hirten“ kann man hier nachhören:

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