Am Freitag, 4. Mai, beginnt vor dem Landgericht Dresden der Prozess gegen fünf ehemalige Mitglieder des "Sturm 34". Das Ende eines langjährigen Justizskandals. Die Anhänger des "Sturm 34" versetzten von März 2006 bis zu ihrem Verbot im April 2007 eine ganze Region in Angst und Schrecken.

Hervorgegangen aus der Gruppe “Division Sächsischer Sturm”, verübten die bis zu 175 Mitglieder und Sympathisanten im Raum Mittweida mehrere brutale Überfälle. Ihre Ziele: Migranten und Antifas. Sie überfielen Parteibüros, Döner-Imbisse und Punks. Meist waren die Angreifer in der Überzahl. Bei einer Razzia am 26. April 2007 stellten Ermittler Schreckschusswaffen, Sturmhauben und Propagandamaterial sicher. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) verbot die Neonazi-Kameradschaft noch am gleichen Tag. Die Gruppe habe in Mittweida eine “national befreite Zone” schaffen wollen.

Ihre Opfer hofften damals auf eine rasche Aburteilung der Täter. Doch “Sturm 34” wurde zum Sinnbild für den oft verharmlosenden Umgang sächsischer Behörden mit militanten Neonazis. Zwar verurteilte das Dresdner Landgericht am 6. August 2008 zwei Angeklagte aus dem Führungszirkel wegen gefährlicher Körperverletzung zu Jugendstrafen zwischen drei und dreieinhalb Jahren. Die Richter attestierten ihnen ein “mangelndes intellektuelles Niveau.” Dass die Gruppierung eine kriminelle Vereinigung sei, vermochten sie bei aller Offensichtlichkeit nicht zu erkennen. Erst nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) im Revisionsverfahren ein Machtwort gesprochen hatte, korrigierte eine andere Kammer des Landgerichts den Fauxpas. Fünf ehemalige Mitglieder erhielten Geld- und Bewährungsstrafen.

Das Verfahren gegen fünf weitere Angeklagte ruht seit 2008. Drei von ihnen waren seinerzeit wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, hinsichtlich der Bildung einer kriminellen Vereinigung aber frei gesprochen worden. Auch dieses Urteil hob der BGH Ende 2009 auf. Das Dresdner Landgericht begründete die starke Verzögerung bei der Wiederaufnahme des Verfahrens mit einem Aktenstau. Die 4. Strafkammer hat jetzt bis zum 11. Juni acht Verhandlungstage anberaumt.

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“Den Opfern der Gewalttaten des ‘Sturm 34’ muss es wie ein Hohn vorkommen, dass jetzt endlich – fast genau fünf Jahre nach dem Verbot der Gruppe – das Revisionsverfahren gegen den Neonazi-Verein beginnen soll”, meint die Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz. “Ich stelle fest, dass diese Unfähigkeit des zuständigen Gerichts auch Mitverantwortung dafür trägt, dass frühere Mitglieder oder Anhänger von ‘Sturm 34’ weiterhin in Neonazi-Strukturen aktiv sind und teilweise – wie in Limbach-Oberfrohna – an der Verfolgung alternativer Jugendlicher beteiligt sind. Es wird zu prüfen sein, ob und in welchem Umfang frühere ‘Sturm 34’-Aktivisten am Anwachsen der Problemlage in der Region Burgstädt/Lunzenau beteiligt sind.”

Erst vergangene Woche verurteilte das Landgericht Leipzig einen 20-jährigen Lunzenauer zu 4 Jahren und 8 Monaten Haft. Er hatte 2010 und 2011 in Geithain zwei brutale Überfälle auf vermeintliche politische Gegner verübt.

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