Erneute Schlappe für die Bundesanwaltschaft. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Mittwoch erneut einen Haftbefehl gegen einen mutmaßlichen Helfer der Zwickauer Terrorzelle auf. André E. (geb. 1979) soll, so die Ermittler, an der Erstellung des Videos beteiligt gewesen sein, in dem sich der "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU) zu zehn Morden und zwei Nagelbombenattentaten in Köln bekannt hatte.

Beate Zschäpe hatte den Film verbreitet, nachdem ihre Mitstreiter Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt am 4. November Selbstmord begangen hatten.

Die Karlsruher Richter halten André E. nicht länger für dringend verdächtig, an der Produktion des Videos beteiligt gewesen zu sein. Zwar verfügte er nach einer Umschulung zum Fachinformatiker über besondere EDV-Kenntnisse. Allerdings sei kriminaltechnisch nicht belegbar, dass der Film auf seinen Computern erstellt bzw. mit der ihm zur Verfügung stehender Software bearbeitet worden sei. Auch sei nicht erkennbar, dass für die Produktion derartige Spezialkenntnisse erforderlich gewesen seien, dass nicht auch die NSU-Mitglieder selbst hierzu in der Lage gewesen wären.

Mehr zum Thema:

Bundesgerichtshof hebt Haftbefehl im “NSU”-Verfahren auf
Das klingt nach einer weiteren Niederlage …

Selbst wenn man dies anders sehen wollte, spreche gegen die Beteiligung des Beschuldigten an der Erstellung des Films, dass dessen erste Vorgängerversionen auf Datenträgern der NSU-Mitglieder zu Zeitpunkten abgespeichert worden waren, als André E. mit seiner Umschulung noch nicht bzw. gerade erst begonnen hatte. Dass er zu den Terroristen eine langjährige freundschaftliche Beziehung pflegte, genüge aus Sicht des BGH nicht, um einen dringenden Tatverdacht zu bejahen.

Die Karlsruher Richter hatten bereits am 24. Februar den Haftbefehl gegen Holger G. (geb. 1974) aufgehoben. Er soll den Terroristen eine Pistole beschafft haben. Die Bundesanwaltschaft ließ in der Folge auch die Haftbefehle gegen die mutmaßlichen Unterstützer Carsten S. (geb. 1980) und Matthias D. (geb. 1975) aufheben.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar