Bernd Hilder ist weiterhin Angestellter der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft (LVDG), welche die Leipziger Volkszeitung (LVZ) herausgibt. Seine Kündigung als Chefredakteur der LVZ ist unwirksam. Dies entschied heute das Arbeitsgericht Leipzig. Es gab Hilder jedoch nicht in allen Punkten Recht: Seinen Antrag auf Weiterbeschäftigung auf altem Posten lehnte es ab.

Ebenso lehnte Richterin Jasmin Schwarze den LVZ-Antrag ab, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Damit hat es Hilders Position gestärkt, der nun wohl gute Chancen auf eine hohe Abfindung hat.

Ausgangspunkt für die Kündigung war die Berichterstattung über Hilders Kandidatur zum MDR-Intendanten im vergangenen Jahr. Angeblich habe Hilder verhindert, dass die LVZ kritisch berichtete. Herbert Flecken, Konzern-Chef von Madsack, zu welchem die LVZ gehört, habe Hilder angewiesen, die Berichterstattung “in andere Hände zu geben”, so heute der LVZ-Anwalt Horst Kappel.

Hilder sagt, Flecken habe ihm bedeutet, nur sehr neutral in eigener Sache zu berichten. Daher verfügte Hilder, dass man sich auf Agentur-Meldungen beschränken müsse. Und er verbannte die Nachricht über seine Kandidaten-Kür Anfang September von der Titelseite auf die Medienseite. “Sie haben sich gegenüber der Redaktion nicht erklärt und in die Berichterstattung eingegriffen. Das sind Verstöße gegen die Weisung”, so Kappel. Zeitungen sind Tendenzbetriebe und können von ihren Angestellten verlangen, mit einer bestimmten Sichtweise zu produzieren.Verstöße gegen die Tendenz können ein Kündigungsgrund sein.

Der LVZ-Anwalt ließ heute kein gutes Haar an Hilder: Das Repräsentieren sei ihm wichtiger gewesen als die inhaltliche Arbeit an der Zeitung. Er habe immer nur im Nachhinein kritisiert, statt aktiv das Blatt zu gestalten. “Das Lokale hat ihn nicht interessiert, obwohl Marktforschungsstudien empfohlen hatten, das Lokale zu stärken”, sagt Kappel. Die Vernetzung von Print und Online habe er mit den Worten Online sei nicht seine Baustelle, abgetan. Überhaupt habe er keinen Draht zu seiner Redaktion gehabt.

Als Beispiel führt Kappel an, dass sechs Redakteure Anfang April 2011 bei LVZ-Geschäftsführer Norbert Schmid vorgesprochen und sich über die Arbeit ihres Chefs beschwert hatten. Kappel führte derlei Gründe an, welche bis ins Jahr 2006 zurückreichen. “Auch Tendenzverstöße müssen abgemahnt werden”, konterte Hilders Anwalt. Üblicherweise kann ein Arbeitgeber erst dann die Kündigung aussprechen, wenn der Mitarbeiter zuvor drei Mal abgemahnt wurde. Diesem Argument folgte das Gericht: Hilders Arbeit sei zuvor nicht beanstandet worden. “Es hätte zumindest einer Abmahnung bedurft”, so Richterin Jasmin Schwarze heute in der Begründung.

Für Hilder bedeutet das Urteil, dass sein Arbeitsvertrag weiter besteht. Zwar kann der LVZ nicht zugemutet werden, ihn weiter als Chefredakteur arbeiten zu lassen, weshalb der Weiterbeschäftigungsantrag abgelehnt wurde. Doch geht Hilder nun wohl gestärkt in Abfindungsverhandlungen. “Sollte der Prozess weiter durch die Instanzen gehen und womöglich in drei Jahren unser Urteil bestätigt werden”, erklärt Frank Liedtke, Sprecher des Leipziger Arbeitsgerichts, “so muss ihm sein Gehalt ausbezahlt werden.”

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