Was sich gestern im Amtsgericht Dresden abgespielt hat, grenzte an einen handfesten Justizskandal. Der 36-jährige Berliner Tim H. soll wegen Körperverletzung, besonders schweren Landfriedensbruch und Beleidigung für 22 Monate hinter Gitter. Die Strafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt.

Offensichtlich wollte das Schöffengericht vor den Protesten gegen den diesjährigen Neonazi-Aufmarsch am 13. Februar ein Zeichen setzen. Tim H. soll am 19. Ferbuar 2011 mit einem Megafon zum Durchbrechen einer Polizeisperre aufgerufen und die Aktion koordiniert haben. Bei den Auseinandersetzungen waren vier Polizisten verletzt worden. Einer wurde als “Nazischwein” beschimpft.

Die Beamten versuchten seinerzeit, Neonazis und Gegendemonstranten weiträumig voneinander zu trennen. Das Konzept schlug fehl. Die Ordnungshüter gingen Beobachtern zufolge übertrieben hart gegen die Neonazi-Gegner zu Werke.

Welche Rolle der Angeklagte bei der Aktion südlich des Hauptbahnhofs spielte, ist offen. Nach Auffassung der Kammer müsse sich der Industriemechaniker als Rädelsführer die Taten anderer anrechnen lassen. Sein Handeln verrate eine “hohe kriminelle Energie”, so der Staatsanwalt. “Irgendwann hat die Bevölkerung in Dresden es mal satt”, ergänzte Richter Hans-Joachim Hlavka in der mündlichen Urteilsbegründung. Die Einwohner, glaubte er zu wissen, hätten die Nase voll.

Verteidiger Sven Richwin hält die harte Strafe für überzogen. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Verurteilte ist Vater eines Kindes und beim Bundesvorstand der Linken beschäftigt. Richwin hat bereits Berufung angekündigt.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar