Das Trauerspiel um den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König geht weiter. Eigentlich sollte der Prozess in diesem Herbst wieder aufgenommen werden. Doch am Dienstagvormittag, 4. November, teilte der Vorsitzende Richter Stein des Amtsgerichtes Dresden mit, dass der Eröffnungstermin am 10. November und der erste Folgetermin am 11. November im Verfahren gegen Lothar König abgesagt sind.

Der Grund für die Absage ist ein Tonspurgutachten, welches vom Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg angefertigt wurde. Dieses ist der Verteidigung sehr kurzfristig zur Verfügung gestellt worden. Die Verteidigung hatte keine Chance, die neuen Beweismittel innerhalb von knapp zwei Wochen auszuwerten. In diesem Tonspurgutachten sollten die vier Stunden prozessrelevanten Videomaterialien auf Aussagen von Lothar König überprüft und diese transkribiert werden. Dieses Tonspurgutachten wurde überhaupt erst am 15. August 2014 – also mehr als ein Jahr nach Abbruch des Prozesses und nach der Terminierung des zweiten Prozess – in Auftrag gegeben. Deswegen erfolgte durch die Verteidigung der Antrag auf Verschiebung der Eröffnungstermine.Diese Verschiebung ist dabei allein dem Arbeitstempo der Dresdner Justiz vorzuwerfen, teilt die Soli-Gruppe um Pfarrer König mit. Am 3. Juli 2013 hatte der zuständige Richter Stein den Prozess abbrechen müssen, weil nach hartnäckigem Drängen der Verteidigung satte 300 Stunden Polizeivideomaterial auftauchten, die natürlich prozessrelevant sind. Immerhin sollten sie die Behauptung der Anklage unterstützen oder widerlegen, ob Lothar König bei den Protesten in Dresden im Februar 2011 zur Gewalt aufgewiegelt hatte – oder eben nicht. Nur hatte niemand dieses ganze Material ausgewertet.

Bis zum November 2013 benötigte der Richter dann, um die Auswertung des Videomaterials in Auftrag zu geben. Im August 2014 folgte dann auch endlich der Auftrag für die zwei Tonspurgutachten.

“Das ist ein Skandal. Erneut führt die Arbeitsunfähigkeit der Dresdner Justiz zu einer Verzögerung des Prozesses”, so Oliver Preuss, Sprecher der Soligruppe JG-Stadtmitte. “Diese Problematik ist uns ja bereits bekannt. Auch der letzte Prozessauftakt wurde 20 Stunden vor Beginn abgesagt. Die emotionale Belastung liegt dabei erneut bei Lothar König und seinen Unterstützern.”

Das zweite Tonspurgutachten, welches sich auf 25 Stunden Videomaterial aus dem räumlichen Umfeld der konstruierten Tatvorwürfe am 19. Februar 2011 bezieht, wollte der Richter Stein während der Verhandlung als Beweismittel einführen.

“Es ist für uns unbegreiflich, wie man – nachdem der erste Prozess so skandalös geplatzt ist, nun erneut so unvorbereitet an diesen Prozess gehen kann. Die Verteidigung hat mehrfach auf die verfrühte Neuterminierung hingewiesen, diese wurden aber durch den Vorsitzenden Richter wissentlich ignoriert”, so Oliver Preuss.

Der Prozess soll nun Ende November eröffnet werden.

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