Ruhig und gefasst sprach Manuel S. am Freitag vor dem Schöffengericht über sein Leben und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Die Staatsanwaltschaft warf dem 28-Jährigen unter anderem räuberischen Diebstahl und Körperverletzung vor. Demnach ließ der Leipziger von Ende März bis Mitte April 2015 in der Kaufhof-Filiale am Neumarkt insgesamt fünf Mal Parfümflaschen im Wert von je einigen hundert Euro mitgehen. Nach seiner Enttarnung durch zwei Kaufhausdetektive soll er einem von ihnen einen Kopfstoß in den Bauch versetzt haben.

„Das stimmt soweit“, räumte Manuel S. beim Prozess ohne Umschweife ein und schilderte seine Drogenabhängigkeit, die ihn zum Verkauf vieler Habseligkeiten trieb. Doch irgendwann reichte das Geld nicht mehr aus. Schon mit 14 habe er das erste Mal gekifft und mit 20 angefangen, Crystal zu konsumieren. Schließlich sei er auf die Idee gekommen, Parfüm zu stehlen, das er zur Finanzierung seiner Sucht gegen Geldbeträge weit unter Wert in verschiedenen An -und Verkaufsläden absetzte.

Am 14. April 2015 wurde er vor der Galeria Kaufhof gestellt. „Ich wollte im Affekt mit dem Fahrrad das Weite suchen. Einer stand hinter mir, einer vor mir und hielt die Hände fest“, sagte der Angeklagte. Auf genauere Nachfragen zu seinem Verhalten an jenem Tag machte er Erinnerungslücken geltend.

„Er war psychisch auffällig, unruhig, hibbelig, eine Gesprächsführung zur Sache war nicht möglich“, sagte Polizeihauptkommissar Markus H. (34) aus, der Manuel S. seinerzeit gestoppt hatte. Gleichwohl war ein Drogentest damals negativ ausgefallen.

„Ruhig und zugänglich“ sei Manuel S. nach anfänglicher Aggression dann gewesen, als er ihn gemeinsam mit Holger O. gefasst habe, erklärte Kaufhausdetektiv Marco M. im Zeugenstand. Wegen der Schnelle des Geschehens habe er nicht, wie eigentlich üblich, seinen Dienstausweis gezückt, gab der 39-Jährige zu. Fragen zu Details, ob etwa dem Festhalten eine Ansprache vorausging, konnte er nicht beantworten. Holger O. (48) bestätigte die Version seines Kollegen. Demnach hatten sich beide auf eine Zigarette vor der Galeria Kaufhof getroffen, als sie den durch die Überwachungskamera bekannten Manuel S. erblickten und sich zum Zugriff entschlossen. Der mutmaßliche Dieb habe schon abfahrbereit auf seinem Fahrrad gesessen, als er ihn mit dem Worten „Das war’s für dich“ von vorn an beiden Armen fixierte, so Holger O. Daraufhin verpasste Manuel S. ihm einen Kopfstoß in den Brustbereich. Der Kaufhausdetektiv erlitt seinen Angaben nach „länger anhaltende, dumpfe Schmerzen“ und Atemprobleme.

Dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgend, verhängte das Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Körperverletzung.

In ihrer Begründung hielt Amtsrichterin Ines Walther dem Angeklagten sein Geständnis, seine Reue, seine Aussagebereitschaft, die fehlenden, einschlägigen Vorstrafen und den Suchtdruck bei der Tatbegehung zugute.

Verteidigerin Anja Truthmann hatte in ihrem Plädoyer acht Monate Haft auf Bewährung für ausreichend befunden und im Gegensatz zur Anklage nicht ausschließen wollen, dass sich ihr Mandant im Moment des Festhaltens durch die Detektive in einer Notwehrsituation wähnte.

Diese Argumentation ließ das Gericht nicht gelten und konstatierte eine klare Absicht der Beutesicherung: „Es ist lebensfremd anzunehmen, dass Sie glaubten, Sie werden in dem Moment beraubt oder ähnliches“, so Richterin Walther in Richtung des Angeklagten. Allein schon der zeitliche und örtliche Zusammenhang zum Diebstahl sprächen klar dagegen. Gleichwohl billigte sie Manuel S. zu, „ohne erhebliche kriminelle Energie“ agiert zu haben. Der 28-Jährige möchte Leipzig nach seinen Angaben demnächst verlassen, sich wieder Arbeit suchen und anderswo ein neues Leben aufbauen.

Walther erklärte zum Schluss: „Wir haben von Ihnen den Eindruck eines jungen, intelligenten Mannes, der in der Lage ist, sein Leben selbst zu strukturieren. Aber Ihnen muss klar sein, dass erneute Straftaten Ihre Verurteilung und gegebenenfalls den Widerruf der Bewährung zur Folge haben.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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