Das Verharmlosen von NS-Verbrechen ist nicht kategorisch als Volksverhetzung strafbar. Das Bundesverfassungsgericht verรถffentlichte am Freitag einen Beschluss, mit dem die Richter der Verfassungsbeschwerde eines rechtsextremen Radiomoderators stattgaben. Eine Verurteilung kรคme nur in Betracht, wenn die รuรerungen geeignet seien, den รถffentlichen Frieden zu gefรคhrden. In einem Parallelverfahren unterstrichen die Richter, dass das Leugnen des Holocausts in jedem Fall strafbar sei.
Wenn Ursula Haverbeck eine Sache besonders gut kann, dann den Holocaust leugnen. Derzeit verbรผรt die 89-Jรคhrige in Bielefeld eine Haftstrafe. Das Landgericht Verden hatte die notorische Revisionistin zu zwei Jahren ohne Bewรคhrung verurteilt. Das OLG Celle hatte gegen die Entscheidung keine Bedenken. Haverbeck ist wegen Volksverhetzung auรerdem von Gerichten in Detmold, Hamburg und Berlin zu Gefรคngnisstrafen verurteilt worden. Die Urteile sind noch nicht rechtskrรคftig.
Das Bundesverfassungsgericht schmetterte jetzt eine Verfassungsbeschwerde der Rechtsextremistin ab, die fรผr die Partei โDie Rechteโ als Spitzenkandidatin zur Europawahl 2019 antreten soll. Das Leugnen des NS-Genozids sei als erwiesene Tatsache nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt und auรerdem geeignet, den รถffentlichen Frieden zu stรถren. Mit der Leugnung des Holocausts werde โgezielt und bewusst Stimmung gegen die jรผdische Bevรถlkerungโ gemacht.
In einem zweiten Verfahren kamen die Karlsruher Richter zu einem differenzierten Ergebnis. Das Verharmlosen des Holocausts ist demzufolge nur strafbar, wenn die รuรerungen geeignet seien, den รถffentlichen Frieden zu stรถren. Ein rechtsextremer Radiomacher aus dem Raum Paderborn kam deshalb mit einem blauen Auge davon. Der Mann hatte fรผr ein Internetradio einen kritischen Beitrag zur Wehrmachtsausstellung des Hamburger Instituts fรผr Sozialforschung produziert.
Die darin dargestellte Wehrmachtsbeteiligung am Holocaust hatte er als unrichtig bezeichnet und den Vรถlkermord verharmlost. Das Landgericht hatte ihn wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Verfassungsrichter kippten die Entscheidung, da die Fachgerichte nicht festgestellt hรคtten, dass er mit seinen รuรerungen Aggressivitรคt geschรผrt hรคtte.
Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 673/18 & 1 BvR 2083/15
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Da hilft wohl nur, wenn engagierte Medien und eine demokratiestรคrkende Bildungspolitik, den Richtern, Staatsanwรคlten und Anklรคgern helfen, die Gesellschaft zerstรถren wollenden Angeklagten in ihrem persรถnlichen Kontext und den sie umgebenden Strukturen darzustellen.
Und der โSchreckenโ (lat. Terror) beginnt mit Worten und daraus resultierenden รberzeugungen, die in der Konsequenz zu gesellschaftszerstรถrender Gewalt fรผhren.
Auch nach dem Urteil in Graz.
Volksverhetzende Aussagen sind dann nicht mehr beliebig deutbar und ohne Absicht und Angstmachenwollen geรคuรert, im Sinne des Angeklagten zu verstehen,
wenn die sonstigen โMachenschaftenโ der Angeklagten zum Allgemeinwissen der Gesellschaft gehรถren..
und in die Urteilsbegrรผndung einflieรen.