Kita-Bedarfsplanung? - Ein heißes Eisen. Gerade in Leipzig, wo die Geburtenraten seit Jahren steigen. Und das in einer Dimension, die so auch Leipzigs Verwaltung nicht erwartet hatte. Eigentlich fing es ja 2000 so ganz sachte an: 3.757, 3.781, 3.749. Fünf Jahre später, 2005, spazierte Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller noch ganz gemächlich in die Kinderklinik, um den 500.000. Leipziger begrüßen. Da war die Geburtenrate mal gerade auf 4.370 gestiegen. Kein Grund zur Besorgnis.

Die kam erst 2008 so richtig auf, als erstmals 5.263 Geburten in Leipzig gezählt wurden. 2014 könnten es über 6.000 werden. Aber bis ungefähr 2012 glaubte die Verwaltungsspitze noch, man könne der Sache mit aller Ruhe begegnen. Es gab genug Bauvorhaben. Das allein hätte den steigenden Bedarf gedeckt. Wären die Bauvorhaben nicht reihenweise gefloppt. Am Jahresende stand immer nur ein Bruchteil des Geplanten auch gebaut da. Man bastelte sogar ein hübsches Kita-Platz-Portal und wunderte sich gar nicht so sehr, dass es von Anfang an zum Desaster wurde, weil Eltern darin keinen freien Betreuungsplatz fanden.

2012 kam endlich das Umdenken, packte auch das zuständige Sozialdezernat den Stier bei den Hörnern. Eine zentrale Planungsgruppe wurde gegründet, eine Art Task Force, die den Bauträgern half, wenn der Ämterweg zu stocken begann, die aber auch Projekte, die keine Chance auf Umsetzung hatten, aus der Liste fegte. Auch solche Projekte, die – von der Investorenseite her betrachtet – einfach zu teuer waren. Auch das gibt es.

Das Ergebnis war schon 2013 ein erster Sprung der Betreuungsplätze im Kita-Bereich von 22.966 auf 24.179, Ende 2014 rechnet Dr. Nicolas Tsapos, Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Bildung, mit 25.476 verfügbaren Betreuungsplätzen.

Am Donnerstag, 2. Oktober, legte er die neuen Zahlen für die Kita-Bedarfsplanung in Leipzig vor. Gleichmal mit einer wichtigen Änderung. Die Planung orientiert sich ab jetzt nicht mehr am Kalenderjahr, sondern am Schuljahr. Denn die Abgänge in den Kitas richten sich natürlich nach den Schuljahren. Jedes Jahr im August verlassen um die 5.000 Kinder die Kindergärten, um sich als ABC-Schützen in völlig neuen Welten wiederzufinden. Normalerweise entsteht dann ein Puffer von 5.000 Plätzen, die sich dann ganz natürlich im Lauf des Jahres füllen. Aber in Leipzig ist es noch nicht so weit. Die gespannte Situation bei den Betreuungsplätzen wird 2014 auf jeden Fall noch nicht gelöst, meint Sozialbürgermeister Thomas Fabian. “Aber Ende 2015 werden wir wohl zum ersten Mal eine Entspannung erleben”, ist er zuversichtlich.

Denn aktuell wird in Leipzig so viel gebaut wie noch nie in Sachen Kita. Derzeit gibt es 27 Baumaßnahmen, davon 18 Neubauten und acht bauliche Erweiterungen (Auflistung am Ende).

663 neue Plätze konnten schon im Lauf des Jahres 2014 an Netz genommen werden. Bis Jahresende geht es jetzt mit den Kita-Eröffnungen noch Schlag auf Schlag, sollen noch weitere 1.369 Plätze hinzukommen. 2015 sollen dann weitere 1.893 Plätze in neu eröffneten Einrichtungen zur Verfügung stehen.

Und darüber hinaus sind weitere 35 Baumaßnahmen in Planung, mit denen weitere 3.758 Plätze entstehen.Für das Schuljahr 2014/15 geht die Stadt Leipzig von einer Bedarfserhöhung des Platzangebotes in Kindertagesstätten im Vergleich zur Bedarfsplanung 2014 um 532 Plätze aus. Dadurch entstehen 173 Plätze für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege, 127 Plätze für Kindergartenkinder und 232 Plätze für Hortkinder.

Das passt zwar scheinbar nicht zu den 1.893 Plätzen, die 2015 neu entstehen. Aber das habe nun mal, so betont Fabian, damit zu tun, dass Leipzig bei der Bedarfserfüllung noch immer hinterher hinke. Es würden weit mehr neue Plätze gebraucht als allein durch Neubedarf entstehen. Deswegen hofft er ja, Ende 2015 endlich den Bedarf einzuholen.

“Die Nachfrage nach Betreuungsplätzen in Leipzig steigt weiter an”, stellt Bürgermeister Thomas Fabian fest. “Auch der Ausbau des Kita-Netzes nimmt immer mehr Fahrt auf. Mit den zahlreichen laufenden und geplanten Maßnahmen werden wir immer besser in der Lage sein, dem tatsächlichen Bedarf zu entsprechen.”

Gegenüber der Planung für 2014 sollen 121 Krippenplätze mehr in Kindertageseinrichtungen bereitgestellt werden, um der demografischen Entwicklung und der gewachsenen Nachfrage zu entsprechen. Das Platzangebot in der Tagespflege für unter dreijährige Kinder erhöht sich gegenüber 2014 um 52 Plätze. Die Stadt rechnet insgesamt mit 45.418 Plätzen, die zukünftig benötigt werden. Mit Stand August 2014 gibt es 43.510 Plätze.

Bei der Gelegenheit erwähnte dann Dr. Nicolas Tsapos auch, dass sich auch ein anderer Aspekt der Bevölkerungsentwicklung demnächst auf den Bedarf an Kita-Plätzen in Leipzig auswirkt. Bisher bestimmte vor allem die steigende Geburtenrate das Bild. Doch ab 2014 kann es passieren, dass auch die Zuwanderung den Bedarf steigern wird. Bisher war erst bei Schulkindern der Wanderungssaldo in Leipzig positiv – es zogen mehr Familien mit schulpflichtigen Kindern nach Leipzig als wegzogen. Doch mittlerweile hat die innersächsische Wanderungsbewegung auch die ganz jungen Familien erfasst. Was dann bedeutet: Auch der Wanderungssaldo bei Kindern bis 6 Jahre wird ins Positive rutschen und den Bedarf an Kita-Plätzen zusätzlich erhöhen.

Andererseits rechnet das Sozialdezernat ab 2015 mit einer sich stabilisierenden Kinderquote in Leipzig. Grundlage dafür ist die letzte Bevölkerungsvorausschätzung für Leipzig. Ein Wort, das Thomas Fabian lieber mit einem leichten Lächeln ausspricht. “Wir haben ja nach jeder Bevölkerungsvorausschätzung immer neue Überraschungen erlebt.”

Zumindest eins steht erst mal fest: Dass Leipzig auch in den nächsten Jahren jährlich um die 300 bis 400 Plätze schaffen muss. Und auch wenn die steigenden Geburtenzahlen mal ein Ende finden, wäre das kein Drama und es würden auch keine Überkapazitäten drohen, so Fabian. “Dann ist der Zeitpunkt gekommen zu überlegen, ob wir einige der älteren Einrichtungen dann endlich sanieren oder doch besser ganz vom Netz nehmen. Aber das überlegen wir, wenn wir überhaupt erst mal so weit sind.”

Die Pressemitteilung mit den Zahlen als PDF zum Download.

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