Die SPD-Fraktion hat in einer Anfrage zur Ratsversammlung am Mittwoch, 23. August, unter anderem nachgefragt, wie es die Stadt aufgrund des Fachkräftemangels mit der berufsbegleitenden Ausbildung für Erzieher hält. Allein in diesem Jahr müssen noch fast 500 Vollzeitstellen in Leipziger Kindertagesstätten besetzt werden. Weitere 1.000 Stellen sind es in den nächsten drei Jahren. Mit Betonung auf: zusätzlich.

„Die noch zu besetzenden Stellen in kommunalen und freien Kitas machen deutlich, dass der Wettbewerb um gut ausgebildete Fachkräfte noch weiter steigen wird. Die Stadt Leipzig nutzt aktuell noch nicht alle Optionen, die im Ausbildungsbereich möglich sind. Aus unserer Sicht hat die berufsbegleitende Ausbildung, bei der die Auszubildenden von Anfang an in einer Kita mitarbeiten, noch nicht den Stellenwert, den sie unserer Ansicht nach haben müsste. Kurz- bis mittelfristig wird die Stadt Leipzig ihren Bedarf an Erzieherinnen und Erziehern nicht mehr decken können, wenn sie in kommunalen Kitas nicht auch die Möglichkeit der berufsbegleitenden Ausbildung anbietet“, erklärt SPD-Fraktionschef Christopher Zenker.

Eine Landtagsanfrage von Petra Zais (Grüne) ergab zwar, dass Sachsen jedes Jahr 2.000 Erzieherinnen und Erzieher ausbildet, und Kultusministerin Brunhild Kurth meinte auch, das würde völlig ausreichen. Doch augenscheinlich hat sie – wie bei den Lehrkräften – nicht wirklich die Übersicht, was an Personalnachwuchs tatsächlich gebraucht wird.

36.403 Personen waren 2016 in sächsischen Kindertagesstätten und Horten beschäftigt. 2015 waren es noch 35.149.

Selbst wenn man nur das pädagogische Leitungs- und Verwaltungspersonal nimmt, waren 32.173 Erzieherinnen und Erzieher 2016 in sächsischen Kitas beschäftigt, davon rund 7.400 in Schulhorten. Weshalb Brunhild Kurth in ihrer Antwort an die grüne Landtagsabgeordnete Petra Zais nur von 25.568 staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erziehern sprach. Was trotzdem nichts daran ändert, dass in den nächsten Jahren immer zwischen 1.000 bis 1.200 Erzieherinnen pro Jahr in Rente gehen. Die Statistik zeigt, dass 12.000 der Beschäftigten über 50 Jahre alt sind.

Wenn gleichzeitig aber landesweit um die 1.300 neue Stellen entstehen, heißt das logischerweise, dass pro Jahr nicht 2.000, sondern 2.500 frisch ausgebildete Fachkräfte gebraucht werden.

„Dem Arbeitsmarkt stehen seit 2013 jährlich über 2.000 Erzieherabsolventen zur Verfügung. Der Bedarf an Fachkräften kann somit derzeit gedeckt werden“, hatte Brunhild Kurth behauptet. Aber die Zahlen zeigen: Sachsen bildet 500 Fachkräfte pro Jahr zu wenig aus.

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kann die Ministerin nicht rechnen. Oder sie schwindelt sich auch im Fall der Ausbildung für den Kita-Bereich genauso wie im Schulbereich die Taschen voll.

Städte wie Leipzig müssen also Wege suchen, das Personal auch noch auf anderem Wege ausgebildet zu bekommen.

Christopher Zenker: „Darüber hinaus hat diese Form der Ausbildung auch Vorteile gegenüber der rein schulischen Ausbildung: Angehende Erzieherinnen und Erzieher können früh in die Abläufe der Kindertagesstätten eingebunden werden und tragen direkt zur Senkung des Personalmangels bei. Die berufsbegleitende Ausbildung führt außerdem zur frühen Bindung der Auszubildenden an die Stadt Leipzig. Ferner erleichtert die berufsbegleitende Ausbildung auch Quereinsteigern einen Berufswechsel, da während der Ausbildung kein kompletter Gehaltsausfall zu Buche schlägt.“

Das sächsische Kultusministerium sehe zwar keinen Mangel an Auszubildenden für den Beruf einer Erzieherin oder eines Erziehers in Sachsen, allerdings würden nicht alle ausgelernten Erzieher auch im Freistaat verbleiben, weil in anderen Bundesländern attraktivere Rahmenbedingungen herrschen würden.

„Für uns ist klar, dass das duale Ausbildungssystem für Erzieherinnen und Erzieher stärker in den Fokus rücken sollte. Leider haben wir dazu auf unsere Anfrage noch keine klare Aussage von der Verwaltung bekommen“, sagt Zenker. „Wir hoffen aber, dass unsere Anregung dieses Mal aufgegriffen wird, denn bereits 2012 haben wird gefordert, dass die berufsbegleitende Ausbildung in kommunalen Kitas stärker verankert wird. Wir hoffen nun, dass dies ab dem nächsten Ausbildungsjahr umgesetzt wird.“

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