Leipzigs oberster evangelischer Geistlicher wird sich zu Pfingsten an dem "speziellen und kreativen Bild" des Wave Gothic Treffens erfreuen. Ein L-IZ-Interview mit Superintendent Martin Henker über die Bedeutung von Pfingsten, das Megathema Inklusion und die freien Schulen in Sachsen. Für letztere hofft er auch auf die klärende Wirkung eines Verfassungsgerichtsurteils.

Herr Superintendent, Pfingsten steht vor der Tür. Das verlängerte Wochenende hat für viele Menschen in Deutschland einen hohen Freizeitwert. Der Pfingstmontag überstand als gesetzlicher Feiertag sogar die Diskussion um die Finanzierung der Pflegeversicherung, stattdessen wurde der Buß- und Bettag in allen Bundesländern außer Sachsen gestrichen. Was verbinden Sie mit Pfingsten?

Pfingsten ist die Geburtsstunde der Kirche. In der Apostelgeschichte wird überliefert, dass die Ängstlichen und Eingeschüchterten ihre Erlebnisse plötzlich mit Begeisterung und Enthusiasmus weitergaben.

Pfingsten ist das Fest des Verstehens trotz unterschiedlicher Sprachen. So wird in der Apostelgeschichte erzählt, wie die vielen Pilger in Jerusalem ihre eigene Sprache hören und verstehen lernten. Aus dieser Begeisterung heraus entsteht die erste christliche Gemeinde.

Nutzen Sie das nahende Pfingstfest denn auch, um eine der Veranstaltungen des Wave Gothic Treffens zu besuchen?

Ich freue mich an dem speziellen und kreativen Bild, welches in der Stadt herrschen wird. Aber Veranstaltungen des Wave Gothic Treffens besuche ich nicht.“Soviel Du brauchst” lautete das Motto des diesjährigen Deutschen Evangelischen Kirchentages. Inwieweit können die Megathemen des Kirchentages – Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Inklusion – in die aktuelle Gesellschaftspolitik hineinwirken?

Die Geschichte des Kirchentages hat gezeigt, dass mehrfach Themen, die zu Kirchentagen im Mittelpunkt standen, später auch die öffentliche Debatte bestimmten. Und dass die Themen in den Folgejahren zu den prägenden gesellschaftlichen Themen wurden.

Mich hat überrascht, dass das Thema Inklusion so im Vordergrund stand. Das Thema wird in der Zukunft sicher eine wichtige Rolle spielen in unserer Gesellschaft.

Nun ist die Wirkung von Kirchentagsthemen nicht so, dass drei Monate später schon entsprechende Gesetze verabschiedet werden. Es geht eher um langfristige Einflüsse, die dadurch, dass sich Menschen mit Themen beschäftigen, diese eine Gesellschaft bewegen.

In Sachsen wird wieder einmal um den Stellenwert der Freien Schulen gestritten. Welche Beiträge leisten diese Bildungseinrichtungen aus Ihrer Sicht?

Lassen Sie mich einige Zahlen nennen. Von den 1290 allgemeinbildenden Schulen in Sachsen sind 12 Prozent Schulen, die von freien Trägern betrieben werden. Von diesen 12 Prozent wiederum sind die knappe Hälfte evangelische Schulen in freier Trägerschaft. In diesen 12 Prozent freien Schulen werden 9 Prozent aller Lehrer beschäftigt und 8 Prozent aller Schüler beschult.Der Freistaat refinanziert nach vorliegenden Gutachten zirka 45 Prozent der Kosten an Grundschulen und an Mittelschulen, sowie zirka 55 Prozent der Kosten an Gymnasien. Die Finanzierungslücke liegt zwischen knapp 3.000 und reichlich 4.000 Euro pro Schüler und Schuljahr.

Die Erstattung der Sachkosten ist seit 2007 eingefroren. Die Erstattung der Personalkosten wird nach einer komplizierten Formel errechnet und suggeriert eine Förderung von 80 Prozent. Durch den Vergleich der realen Ausgaben tritt zu Tage, wie groß die Differenz tatsächlich ist.

Zu welchen Schlüssen führen Sie diese Zahlen?

Angesichts dieser Zahlen kann nicht behauptet werden, dass Schulen in freier Trägerschaft für die staatlichen Schulen eine ernsthafte Konkurrenz darstellen würden. Wenn die Nachfrage nach solchen Schulen an mancher Stelle die Kapazitäten bis weit über 100 Prozent übersteigt, muss wirklich gefragt werden: Was ist los im Bildungsland Sachsen?

Ich hoffe, dass das Verfassungsgerichtsurteil über die Finanzausstattung der freien Schulen in Sachsen bald vorliegt und dass dann entsprechende Reaktionen erfolgen werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

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