Am Sonntag, 1. September, war mal wieder Weltfriedenstag. Ein Tag, der an den Überfall Deutschlands 1939 auf das Nachbarland Polen erinnert und die verheerenden Folgen des damit beginnenden 2. Weltkrieges. Der Tag ist auch eine Mahnung an heutige Politik, den Krieg aus ihrem politischen Repertoire zu verbannen und echte Friedenspolitik zu leisten. Doch trotzdem wird wieder für den nächsten Krieg aufmunitioniert. Höchste Zeit für einen Appell.

Einen hat der Pfarrer der Leipziger Thomaskirche, Thomas Wolff, am Wochenende in der L-IZ veröffentlicht. Seine Gedanken hat nun der ehemalige Rektor der Handelshochschule Leipzig (HHL), Prof. Dr. Arnis Vilks, jetzt tätig an der Mekelle University Ethiopia tätig, aufgegriffen und auf der Grundlage seiner “Gedanken zum Weltfriedenstag” einen “Leipziger Appell” entworfen, den beide nun versenden mit der Bitte, ihm zuzustimmen und auch weiter zu verbreiten. Der Appell kann auch direkt in der Thomaskirche unterschrieben werden.

Der Appell im Wortlaut:

Leipziger Appell zum Weltfriedenstag 2013

Es wirkt gespenstisch. Da tobt seit zwei Jahren ein grausamer Bürgerkrieg in Syrien – mit inzwischen über 100.000 Todesopfern. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Da ist eine ganze Region seit über zwei Jahren in Aufruhr. Da wird der Nahe Osten seit Jahrzehnten mit Waffen aller Art voll gepumpt, werden milliardenschwere Geschäfte mit Rüstungsexporten gemacht.

Nun erfährt die Welt von Giftgas-Opfern in Syrien – und da einiges dafür spricht, dass die chemischen Waffen vom Assad-Regime eingesetzt wurden, ist für den amerikanischen Präsidenten “die rote Linie” überschritten. Wirklich erst jetzt? Wird nicht mit jeder kriegerischen Handlung eine rote Linie überschritten – vor allem diese: Kein Mensch hat das Recht, sich über das Leben eines anderen Menschen zu erheben, auch nicht über das Leben des Menschen, der diesen Grundsatz mit Füßen tritt!

Allzu oft haben amerikanische Präsidenten diesen Grundsatz ignoriert, um vermeintliche nationale Interessen zu schützen. Und auch diesmal wird die absurde Logik der “Glaubwürdigkeit” der USA ins Feld geführt, um einen Militärschlag gegen das Syrien Assads zu rechtfertigen.

Mehr zum Thema:

Gedanken zum Weltfriedenstag am 1. September 2013
Es wirkt gespenstisch. Da tobt seit zwei Jahren …

Vor nur wenigen Tagen hat Präsident Obama an Martin Luther King erinnert, den Bürgerrechtler, der wie kaum ein anderer für das Prinzip der Gewaltlosigkeit steht. Aber denkt Obama auch daran, dass Martin Luther King dieses Prinzip gegen den Vietnamkrieg ins Feld führte, in dem die USA damals heimtückische Waffen wie Napalm einsetzten?

Die USA sind zu Recht als “the cradle of the best and the worst” besungen worden. Die deutsch-amerikanische Freundschaft gäbe es nicht ohne die Weisheit, Versöhnungsbereitschaft und Großzügigkeit der Amerikaner nach dem zweiten Weltkrieg, als sie dem ehemaligen Feind mit CARE-Paketen, den gewaltigen Summen des Marshall-Plans und gelebter Demokratie wieder auf die Beine halfen.

Präsident Obama wurde nicht zuletzt gewählt, weil sein Vorgänger auf die Terrorangriffe des 11. September 2001 mit kriegerischen Aktionen reagierte, anstatt endlich in einen langfristigen und sicher mühsamen Friedensprozess für den Nahen Osten einzutreten. Präsident Obama erntete Häme, als ihm 2009 der Friedensnobelpreis verliehen wurde, bevor er die Gelegenheit hatte, sich seiner würdig zu erweisen. Er könnte sich jetzt den Preis nachträglich verdienen und sich als wahrer Erbe Martin Luther Kings erweisen, wenn er statt eines ziellosen Bombardements Syriens, das nur die Krise anheizt und das menschliche Leid verschärft, einen langfristig angelegten Versöhnungsprozess im Nahen Osten initiiert.

Leipzig ist mit dem Ruf “Keine Gewalt” und der friedlichem Revolution als Endpunkt eines Jahrzehnte langen europäischen Aussöhnungsprozesses verbunden. Darum rufen wir dem amerikanischen Präsidenten und allen, die auf militärische Interventionen setzen, zu: Keine Gewalt! Aber alle Kraft für einen Friedensprozess im Nahen Osten!

Prof. Dr. Arnis Vilks Christian Wolff

www.thomaskirche.org

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