Das Sekretariat der Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung ist in Bonn. Der 100. Katholikentag findet in Leipzig statt. Katholiken gibt es in Leipzig immerhin eher als Wüsten in Bonn. In diesen Wochen startet die Werbekampagne für das Großereignis. Drei Sonderzüge werden die Katholiken nach Leipzig karren, Betten und Helfer werden gesucht. Und dann wurden noch 64 Leipziger Vereine und Verbände angeschrieben, mit mäßigem Erfolg.

Die Ratsfraktionen von AfD und SPD, aber auch der katholische Arbeitskreis in Sachsen haben positiv auf eine Anfrage des Katholikentagsbüros reagiert, einen Stand auf dem Katholikentag aufzubauen. Der Rest reagierte zumeist gar nicht. Manche begründeten ihre Ablehnung: „kein Personal, um den Stand für drei Tage zu betreiben; kein Geld für einen Stand vorhanden.“ So erklärt es der Geschäftsführer des Katholikentags, Dr. Martin Stauch, gegenüber der L-IZ. Angeschrieben wurden Leipziger Vereine und Initiativen, weil man die Zivilgesellschaft der Stadt einbeziehen wollte.

Stauch listet weiter auf:

“Wir haben eingeladen aus folgenden Bereichen:
– Kammern (z.B. Handwerkskammer, IHK)
– Gewerkschaften (z.B. GEW, ver.di)
– Fraktion im Stadtrat Leipzig (alle Fraktionen)
– Stiftungen (z.B. Stiftung für Bürger für Leipzig, Bürgerstiftung, Stiftung Friedliche Revolution)
– Vereine (z.B. Musikvereine, Haus der Demokratie, Haus des Buches, BUND, Eine Welt e.V., Flüchtlingsrat, Sächsischer Verband für Jugendarbeit und Jugendweihe, Stadtjugendring, Kinderhospiz, ASB)
– Ökumene (z.B. Thomanerchor, Evangelisches Schulzentrum, Die Arche, Hospiz Verein)
– Sonstiges (z.B. Verbraucherzentrale, Dt. Zentralbücherei für Blinde)”

Die Idee wurde begraben. Dem Enthusiasmus der Katholiken tut das keinen Abbruch. Man hat ja durchaus auch regionale Unterstützer. Die Kampagne „Gast sucht Rast“ etwa, mit der Betten für Katholikentagsbesucher gesucht werden, listet folgende Namen auf: „Jens Bühligen (Oberbürgermeister der Stadt Merseburg), Martin Henker (Superintendent Ev.-Luth. Kirchenbezirk Leipzig), Reinhard Hentschel (Propst in Halle/Saale), Burkhard Jung (Oberbürgermeister der Stadt Leipzig), Küf Kaufmann (Autor, Regisseur und Vorsitzender der Isrealitischen Religionsgemeinde zu Leipzig), Anja Koebel (Moderatorin „Nah dran“ – Das Magazin für Lebensfragen beim MDR), Asmir Kosuta (Vorsitzender des Islamischen Kulturzentrums der Bosniaken in Leipzig e.V.), Dr. Bernd Wiegand (Oberbürgermeister der Stadt Halle/Saale).“

Werbematerial zur Aktion „Gast sucht Rast“. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Werbematerial zur Aktion „Gast sucht Rast“. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel

Daneben gehen die Leipziger Katholiken an den kommenden Sonntagen selbst auf Werbetour. Sie besuchen Deutschlandweit katholische Gemeinden und schwärmen von Leipzig. Das kennen die Glaubensbrüder schon. Eine ähnliche Aktion gab es nämlich vor dem Neubau der Propstei. Da musste in den katholischen Hochburgen erklärt werden, warum in Leipzig neu gebaut wird, während im Ruhrgebiet Kirchen schließen müssen. Der Frage kann nun zum 100. Katholikentag in Sachsen nachgegangen werden. Manche Westdeutsche werden bei der Vorstellung leicht blass. Leipzig? Gibt′s da nicht Randale, mal von rechts und mal von links?

„Nicht staunen! Bin in Leipzig!“, ruft daher die kleine, engagierte Gemeinde in die Welt hinaus. Und stellt die lustige Frage: „Wie viel katholisch steckt in Leipzig?“ Nicht viel, könnte man meinen. Alles eine Frage der Interpretation, meinen die Veranstalter und setzen Johann Sebastian Bach einen Kardinalshut auf. Bach? War der nicht Thomaskantor und Lutheraner? Begründung für die etwas vorlaute katholische Vereinnahmung:

Wussten Sie, dass das bedeutendste Werk Johann Sebastian Bachs, einer der größten Söhne Leipzigs und zutiefst gläubiger Protestant, die h-Moll-Messe, eine katholische Messe war?

Kann man so sagen, bestätigt der freie Kulturjournalist Claus Fischer gegenüber der L-IZ. Der sächsische Königshof war seit der Personalunion mit dem Königreich Polen katholisch. Ein Widmungsschreiben vom 27. Juli 1733 richtete Bach an Dresden mit der Bitte um Verleihung des Titels eines „Hof-Compositeurs“. Anlage: eine erste Fassung der H-Moll Messe.

In den Leipziger Gemeinden laufen unterdessen die Vorbereitungen. Die Katholiken von St. Georg, Gohlis etwa werden in der Soccer-Welt ein Fußballspiel für alle Generationen veranstalten. „Hauptsache Treffen“ lautet der doppeldeutige Titel. Nach einem Sonntagsgottesdienst wurde im Gemeindehaus auch über die Betreuung der Gäste in Schulen gesprochen. Einige Leipziger Schulen werden nämlich während des Katholikentags ihren Schülern freigeben. Das freut nicht jeden. „Dank dieser Tage haben unsere Kinder keine Schule und keinen Hort. Sollten sich alle ein Zimmer suchen und dort schlafen aber bitte nicht in unserer Schule!!!“, nölt eine Mutter auf Facebook.

Wie viele Schulen tatsächlich schließen werden, ist noch offen. Noch ist unklar, wie viele zum 100. Katholikentag in die Diaspora kommen. In Leipzig hofft man, dass die Stadt ein Magnet ist. Das wird nötig sein, denn anders als beim Regensburger Katholikentag vor 2 Jahren fehlt der katholische Gürtel im Umland, der mal zum Tagesbesuch vorbeikommt.

Doch die Katholiken können sich zumindest auf ökumenische Unterstützung freuen: „Der Katholikentag – in diesem Jahr vom 25.-29. Mai in Leipzig – sucht ab sofort Privatquartiere! Die Mitglieder der Nikolaigemeinde helfen bestimmt mit….!!!!“, heißt es etwa auf der Seite der großen evangelischen Schwesterkirche, in der die Katholiken zuletzt Weihnachtsgottesdienst gefeiert haben. Auch andere werden mitwirken. Im Gegenzug beteiligen sich die Katholiken dann 2017 am „Kirchentag auf dem Weg“ zum Reformationsjubiläum.

Erste Eindrücke vom Kulturprogramm für die Helfer des Katholikentags. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Eine Theatergruppe zeigt beim Empfang für Helfer am Abend des 5. Februar schon mal, was am Katholikentag geboten wird. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel

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Es gibt 3 Kommentare

Beitrag gelöscht. Bitte versuchen Sie sachlich zu argumentieren. Vielen Dank. Die Redaktion

Der zweite Link sollte folgender sein:
https://jungefreiheit.de/kultur/gesellschaft/2016/ekd-zahl-der-kirchenaustritte-auf-rekordniveau/comment-page-1/

Damit wären beispielhaft die Milliarden Zahlungen/Subventionen des Staates an die Kirche, aller Atheisten an die Christen benannt, das Jahrzehnte lang verschiegene und heute noch immer nicht aufgearbeitete Thema des Sexuellen Missbrauchs innerhalb der Kirche und letztlich die selbst der Kirche bekannte anhalötende Austrittswelle.
Dies scheint die Grundlage dieses Festes.

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