Du weißt, dass deine ganz, ganz wilden Zeiten vorbei sind, wenn du am Freitagabend mit einem Stempel auf dem Handgelenk nach Hause kommst. Um 20 Uhr. Vom IKEA-Småland-Bällebad und nicht aus einem Tanzlokal in der Früh. Das macht aber nichts. Denn die Männer, die du früher um zwei Uhr in der Früh beim Tanz anzutreffen wusstest, triffst du nun hier. Zwischen Hemnes und Billy. Sie haben nicht mehr zwei Mojito, einen für dich, einen für sich in der Hand, sondern zwei große Kerzenstumpen in Anthrazit (beide für sich), geben dir höflich-verlegen den Ellenbogen zum Gruß und murmeln entschuldigend, dass die Nachbarn alle schon solche Kerzen im Fenster hätten und da müsse man wohl auch ...

Währenddessen streiten sich zwischen den Sofas und iPad-Haltern in Holz Schwangere verschwörerisch die Stimme senkend mit dem Schwängerer. Es wird nicht das letzte Mal sein.

Das Leben hat seine Taktungen. Irgendwann wird aus Hamarvik eben Lauvik, um dann langsam zum Oldervik herüberzuchangieren. Wer das nicht akzeptieren will, kann bei IKEA immer noch eine Grünpflanze erwerben oder 70 Teelichter. Oder ein Tagesbett. (Ein Tagesbett wirkt ja auf geheimnisvolle Weise besonders charmant, weil „Tagesbett“ so ein hübscher Ausdruck ist, der den Kapitalismus auf nonchalante Weise zu unterwandern scheint.)

Insgesamt ist IKEA prima, ist Kapitalismus in schön, weil du sofort in die behaglichen Zimmer einziehen willst und gleich auch die Freunde und die Familie und die Harmonie dort mit einkaufen willst, und die Bücher im Regal, obwohl du mit 30 Mal „Pippi Langstrumpf“ auf schwedisch auf Dauer relativ wenig Spaß hättest.

Am Ende des Tages sitzt du mit deinem neuen Weinregal auf einem Sessel mit nordisch gefärbten Hussen und guckst „Fightclub“.

Halten wir fest: Das Leben ist nicht fair, aber durchaus okay, solange der LACK nicht ganz ab ist.

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