Es ist so ein eher selten wahrgenommenes Thema im großen Problemkompott „Demografie“. Denn wenn die jungen Leute aus den ländlichen Räumen wegziehen, dann beginnen auch unersetzbare Fachkräfte zu fehlen, auf die die Zurückbleibenden dringend angewiesen sind. Notärzte zum Beispiel. Gerade in abgelegenen Regionen bleiben deshalb Zwölfstundendienste oft unbesetzt. Grund genug für Susanne Schaper, eine deutliche Kritik anzubringen.

Sie fragt seit geraumer Zeit regelmäßig diese Fehlzeiten in den Rettungszentralen ab. Und sie bekommt jedes Mal relativ widerwillige Antworten der Staatsregierung, die zwar den zentralisierten Ausbau der Rettungsleitstellen im Land forciert – aber sie würde sich nur zu gern darauf herausreden, dass die Besetzung der Rettungszentralen eigentlich Sache der Kommunen ist.

Was Schaper nicht wirklich akzeptieren kann, denn die Aufsichtspflicht liegt beim Land. Das kann zwar die Aufgabe an die Kommunen verweisen – für die Sicherung eines ausreichend dichten Rettungsnetzes aber ist die Landesregierung zuständig. Was sie nicht vergisst, wenn die zuständigen Minister und Staatssekretäre zu den Eröffnungen der immer moderneren und computergestützten Rettungsleitstellen fahren.

Also wird dann eben doch geantwortet und die Lücken im Netz werden sichtbar. Es gibt Regionen, die keine Probleme haben, die Einssatzstellen rund um die Uhr zu besetzen. In anderen fallen zwar mal drei Schichten (wie in Leipzig Ost-West) oder 14 wie in Leipzig Ost aus. Möglicherweise, weil ja auch die Notärzte nur Menschen sind und auch mal krank werden.

Aber gerade in ländlichen Räumen hat das Problem eine ganz andere Dimension, wenn gleich 40, 60, 100 oder – wie Eibenstock – sogar 133,5 Schichten in einem Jahr nicht besetzt werden können.

„Wir alle sind darauf angewiesen, dass schnell Hilfe kommt, wenn wir sie brauchen. Bei der Erfüllung dieses Anspruchs klaffen immer größere Lücken in Sachsen“, kommentiert Susanne Schaper, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag, die Zahlen aus der jüngsten Antwort von Innenminister Roland Wöller. „Die Notarztversorgung wird immer schlechter – obwohl die vielen engagierten Retterinnen und Retter alles geben, um die Lücken kleinzuhalten. Dennoch blieben 2017 insgesamt 1.666 Zwölf-Stunden-Schichten unbesetzt, deutlich mehr als in den Vorjahren. Auch wird die gesetzliche Frist von zwölf Minuten, innerhalb derer ein Rettungsmittel vor Ort sein muss, immer öfter verfehlt. 2016 hat es bei 19,4 Prozent der erfassten Einsätze zu lange gedauert, 2017 schon bei 20 Prozent.“

Notarztstandorte mit den meisten Ausfallschichten. Grafik: Freistaat Sachsen, SMI
Grafik: Freistaat Sachsen, SMI

Dass sich ausgerechnet die Landesregierung bei dem Thema immer wieder wegduckt, findet sie inakzeptabel.

„Sachsens CDU-geführte Landesregierung lässt das alles zu und macht die Rettungszweckverbände und Landkreise verantwortlich. Sie lässt die Menschen im Stich, die den Krankenwagen brauchen, aber auch diejenigen, die den Krankenwagen besetzen. Dabei ist klar, was zu tun ist“, stellt sie fest. Denn das riesige Investitionsprogramm in die neuen Rettungsleitstellen ist ja noch nicht abgeschlossen. „Die Integrierten Rettungsleitstellen müssen endlich voll in Betrieb gehen. Die Staatsregierung muss sich einen umfassenden Überblick über die Situation des Rettungsdienstes verschaffen und mit den Trägern nach Wegen suchen, um die Versorgung zu sichern. Die Gründe für Hilfsfrist-Überschreitungen sind zu erforschen und zu beseitigen. Die engagierten Notärztinnen und Notärzte brauchen ein besseres Arbeitszeitsystem. Und gerade abseits der Großstädte müssen schnellstmöglich noch mehr medizinische Versorgungszentren entstehen, um die Notaufnahmen zu entlasten.“

Und wer denkt, das beträfe nur Ostsachsen oder das Erzgebirge, der irrt.

Auch in Taucha wurden 63,5 Schichten nicht besetzt, in Delitzsch konnten im letzten Jahr 55 Schichten nicht besetzt werden und in Torgau 43.

Notrufe aus dem Landkreis gehen in Leipzig ein

Notrufe aus dem Landkreis gehen in Leipzig ein

 

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar