Ich komm nach Hause und die Budenluke steht offen. Da ich keine Putzfrau habe und selten Männerbesuche mit Schlüsseln ausstatte, geh ich mit Flatter-Bewegung in die Handtasche. Ok - der Elektroschocker pfeift beim Hochfahren und rein in die gute Stube. Alles durchgewühlt, in der Küche klatscht noch der Goldfisch neben dem zerschlagenen Glas. Das Bild von Bismarck fehlt im Wohnzimmerpanorama, das Waschbecken hängt schief und alle Tagebücher sind weg. Der Spiegel ist zerschlagen, Zeit für einen Anruf.

Tut. Tuuut. (Dann ein Song von Roy Orbison – nicht schlecht, aber wo bleibt die Verbindung) Tuuuuut. “Ja, Polizei – ähm hier, ja, noch da. Hallo?” Hinter mir knarzt eine Tür, gegen die Restsonne rieselt Kalk ins Licht. “Schnickenfittich, dritter Bezirk, fünfte Straße, Block 2, achtes Geschoss rechts, Nummer 2013 – derzeit nicht registriert im Präventionsprogramm.” rasselt es aus mir heraus. “Moment, ja, hab Sie – wir fragen die Kollegen.” Stille, das Klatschen des Goldfisches wird lauter. Eine Tür klappt zu. “Hören Sie? Wir schicken einen Nachbarn, Herrn Tischler von gegenüber. Die Kollegen sind gerade alle unterwegs.”

Was? Während ich mich noch fragen höre, ob es gerade erster April ist, bricht aus der rechten Wand neben mir Nachbar Tischler ins Zimmer und dröhnt: “Ich bin zu Ihrer Sicherheit hier. Alles wird gut, ich bin ja da.” Das Knarzen hat aufgehört und während ich Tischler aus der Wohnung bugsiere, dreht er sich um und sagt: “Bismarck wird bis heute überschätzt.”

Das Pfeifen des Elektroschockers hör ich heute noch.

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