Durch die Dienstberatung des Oberbürgermeisters ist die Verwaltungsvorlage heute durchgegangen. Sie plant eine dauerhafte Asylbewerberunterkunft im Gebäude Stöckelstraße 62 in Leipzig-Schönefeld. Dies teilte heute die Stadt mit und plant deshalb zwei öffentliche Sondersitzungen im Stadtbezirksbeirat Nordost, um mit den Bürgern über die Einrichtung von Wohnungen für insgesamt 60 Frauen, Männer und Kinder zu beraten. Der Verwaltungssvorschlag muss zudem am 21. Mai noch die Ratssitzung passieren.

Erste Reaktionen aus Schönefeld bemühen sich bereits jetzt um freundliches Fahrwasser. Zu frisch noch die Erinnerung der Versuche der NPD die Ende März 2014 geschlossene Notunterkunft für Asylbewerber an der Löbauer Straße 46 für das Schüren von Hass auf Flüchtlinge zu missbrauchen. Nun soll es im Rahmen der soweit möglich dezentralisierten Unterbringung von Flüchtlingen in einem Privathaus an der Stöckelstraße eine dauerhafte Unterkunft geben.

Die Stadtverwaltung zum geplanten Prozedere: “Es soll für einen Zeitraum von zehn Jahren angemietet werden. Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner könnten voraussichtlich ab Anfang 2015 einziehen. Im Wohnhaus soll eine soziale Betreuung für die Flüchtlinge bereitgestellt werden. Die Leistungen der sozialen Betreuung und der Bewirtschaftung werden ausgeschrieben.”

Dass die Situation durch insgesamt gestiegene Flüchtlingszahlen in den vergangenen zwei Jahren weitere Kapazitäten unter anderem neben den neu eingerichteten langfristigen Unterbringungen in der Georg-Schwarz-Straße oder der kommenden in der Pittlerstraße brauchen würde, war länger klar. Die Stadt Leipzig dazu: “Mit der geplanten neuen Unterkunft setzt die Stadt Leipzig das Unterbringungskonzept für Flüchtlinge um und schafft weitere Plätze in kleinen Wohnhäusern. Diese Plätze werden dringend benötigt, da die die Zahl der nach Leipzig zugewiesenen Flüchtlinge weiter steigt. Für 2014 liegen die Zuweisungszahlen bei voraussichtlich 1.300 Personen. Im Vergleich: 2011 – 285 Personen, 2012 – 402 Personen, 2013 – 658 Personen.”

Was das Doppelte an Kapazitäten bedeutet, seit Ende 2013 ist zudem klar, dass Leipzig in Leipzig Gohlis ab Ende 2015 eine Erstunterbringung erhalten wird.
Die erste Einschätzung zur Meldung für Schönefeld, kommt von einem Verein, welcher sich bereits 2013 aktiv in die Spendenaktionen für die Notunterkunft eingebracht hatte. Michael Reinhardt, Vorsitzender des Bürgervereins Schönefeld, Mitglied am Runden Tisch Asyl beim OBM der Stadt Leipzig zur geplanten Asylbewerberunterkunft im Kiez Schönefeld: “Noch ist die Vorlage, eine dauerhafte Asylunterkunft in Schönefeld zu schaffen, nicht beschlossen. Die Fachausschüsse, der Migrantenbeirat, der Stadtbezirksbeirat und schließlich der Stadtrat müssen noch darüber befinden. Aber es ist klar: Wir, ob in Schönefeld oder anderswo, haben nicht nur die rechtliche, sondern auch die moralische Verpflichtung, Flüchtlingen zu helfen und ihnen Unterkunft zu geben.”

Für den Schönefelder Verein seien Nächstenliebe, Toleranz und Gastfreundschaft nicht verhandelbare Werte, die eine Gesellschaft am Leben erhalten. Diese Werte müssen natürlich für alle Menschen gleichermaßen gelten, wo immer sie sind und woher sie auch kommen. Ohne Regeln geht es nicht. “Wir müssen die Menschen aufnehmen und sie unserem Zusammenleben nahebringen. Dann können wir alle davon profitieren. Vor allem Schönefeld als weltoffener und internationaler Stadtteil mit bald einem bilingualem Gymnasium, multinationalen Unternehmen und Mitbürgern aus vielen Ländern.”

Und dann schlagen die weniger schönen Erfahrungen des Jahres 2013 erwartungsgemäß ebenso durch, wenn Reinhardt den Bogen gleich etwas weiter spannt: “Aber eins dürfen wir nicht vergessen: Die Not hat Ursachen und wir sind auch verpflichtet, beizutragen, dass niemand gezwungen ist, seine Heimat zu verlassen. Und die Krakeeler von Rechtsaußen kann eine starke Gesellschaft dann aushalten, wenn wir sachlicher, vernünftiger Kritik gegenüber ebenso aufgeschlossen sind wie den Flüchtlingen. Toleranz, Nächstenliebe und Gastfreundschaft finden sich bezeichnenderweise nicht auf den Plakaten der Rechten.”

Für eben diese wird die Meldung ganz ohne Glaskugel wohl eher Wasser auf die braunen Wahlkampf-Mühlen sein, für Not und Elend auf der Welt reicht der nationale Blick selten und die Empathie für Flüchtlinge endet an der eigenen Wohnzimmertür. Dass es auch anders geht, haben die Schönefelder laut Reinhardt 2013 bewiesen. “Die Schönefelder haben gezeigt, daß sie ihre Gastfreundschaft, ihre Toleranz und ihre Offenheit sehr ernst nehmen, dass sie auf den Straßen Feste feiern können und den Menschen in Not zu helfen bereit sind. Sie werden es weiter so machen und ich bin froh, Schönefelder zu sein.”

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