Von Bert Sander: Lieber Herr Schulze, Sie werfen den Bürgerinitiativen, die sich gegen Fluglärm zur Wehr setzen, »veraltete Mantras«, also sich ewig nur formelhaft wiederholende Argumentationsfolgen vor - glauben Sie mir, diese hängen nicht nur Ihnen, sondern auch uns bereits lange schon zum Halse heraus. Nur, die Penetranz, die die wieder und wieder sich wiederholenden Diskussionen erzeugen, liegt nicht in vermeintlich starrsinnigen Argumenten begründet. Sondern darin, dass alle Argumente, egal ob sie nun so oder so, gut oder weniger gut begründet sind, am bürokratischen Gehäuse abprallen.

Lieber Herr Schulze, Sie schreiben: “… ein Erfolg stellt sich doch erst oder viel eher ein, wenn die Argumente stimmen. Veraltete Mantras sind da kontraproduktiv …” Die Vergeblichkeit bzw. “Erfolglosigkeit” unseres Engagements liegt eben nicht in der vermeintlich mangelhaften Qualität der Argumentation begründet. Vielmehr darin, dass es eben nicht um die besten Argumente, sondern um felsenharte Interessen geht. Selbst unseren angeblich mangelhaften Argumente wird von der Flughafenseite oder vom sächsischen Wirtschaftsministerium nicht argumentativ begegnet, nein, sie werden entweder schlicht ignoriert oder einfach negativ beschieden (vgl. in diesem Zusammenhang die Beteiligung bzw. Nichtbeteiligung am »Leipziger Flughafenforum«).

Lieber Herr Schulze, es geht in Sachen Fluglärm schon lange nicht mehr nur um eine besondere Raffinesse in der Argumentation, sondern um die Organisation politischer, institutioneller Regularien. Und Gemeinplätze wie etwa der von Ihnen dargebotene: “Aus meiner Sicht entstehen bessere Argumente dadurch, dass man die falschen oder fragwürdigen weglässt”, bringen uns um keinen Flohsprung voran.

Lieber Herr Schulze, Sie berichten: “… ein soeben auf die Homepages mehrerer Initiativen geworfener Blick macht deutlich, wie sinnvolle Ziele von ideologischen Motiven ausgebremst werden.” Der Vorwurf, dass Ideologie im Spiel sei, wird immer wieder gerne benutzt, und zwar geradezu “mantrahaft”. Aber was ist denn damit gemeint, wenn man dem Gegenüber Ideologie vorwirft. Zunächst einmal bedeutet “Ideologie” nichts weiter als “Zielvorstellung”. Was aber ist so gewöhnlich, gar unredlich daran, dass man seine Ziele (auch die übergreifenden, langfristigen) klar und deutlich formuliert?

Man kann den Begriff der Ideologie aber auch im Marxschen Sinne in Anschlag bringen: Marx bezeichnet Ideologie als ein “Gebäude, das zur Verschleierung und damit zur Rechtfertigung der eigentlichen Machtverhältnisse” dient. Aber bitte was haben die Bürgerinitiativen an Zielen oder an Machtverhältnissen zu verschleiern?

Lieber Herr Schulze, Sie werfen die folgende Problematik auf: “Wie laut ist laut? Lärm wird gemessen und zur Vergleichbarmachung mit physikalischen Einheiten versehen. Trotzdem empfindet jeder Mensch Geräusche und Lärm anders.” Ja, warum empfinden Menschen Lautstärken unterschiedlich, so u.a. deshalb, weil die Wahrnehmung von Lärm von mehreren physikalisch messbaren Größen abhängt wie etwa von Schalldruckpegel, Tonhöhe, Tonhaltigkeit, Impulshaltigkeit etc. Kurzum, es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob ich die Lautstärke dB(A) in einer hohen oder tiefen Frequenz (Hz) ertragen muss.

Lieber Herr Schulze, wir laden Sie herzlich dazu ein, mit uns gemeinsam an einer Qualifizierung des Lärmemissionsgesetzes zu arbeiten. Es gehört zu unseren dringendsten Zielen, dass bei der zukünftigen Festlegung von Grenzwerten nicht nur die Dezibelzahl entsprechende Berücksichtigung findet.

Der letzte Leserbrief vom 15. November 2012 und weitere Beiträge im Artikel verlinkt auf L-IZ.de
Leserbrief zu Leserbeitrag von Bert Sander: Und nächtlich grüßt DHL – Zum Beitrag von Carsten Schulz “Und nächtlich grüßt das Murmeltier …”

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar