Die Grüne Jugend Sachsen kritisiert scharf die Reaktionen auf das Leipziger Demonstrationsgeschehen am vergangenen Samstag. "Begriffe wie Straßenterror und Gewaltexzesse werden völlig unreflektiert verwendet. Der Begriff "Straßenterror" ist historisch vor allem durch den Nationalsozialismus geprägt. Zudem wissen wir, dass es gerade in ganz anderen Teilen der Welt tatsächlich Krieg gibt, dass dort wirklich Menschen sterben. Die verbale Aufrüstung und die vehemente Verharmlosung die hier stattfindet ist unerträglich", so Anne Kämmerer, Sprecherin der Grünen Jugend Sachsen.

Auch die Forderung nach Gummigeschossen für die Polizei, wie vom CDU-Landtagsabgeordneten Ronald Pohle gefordert, trägt nicht zu einer Versachlichung der Debatte bei.

Der Einsatz von Gummigeschossen ist keinesfalls so unbedenklich wie Ronald Pohle Glauben machen will. In Spanien sind Todesfälle und schwerste Verletzungen bis hin zu Schädelbrüchen durch den Einsatz von Gummigeschossen dokumentiert.

In der Schweiz verloren fünf Personen ihr Augenlicht durch den Beschuss mit Gummischrot. Darüber hinaus gibt es Studien aus den USA, die belegen, dass der Einsatz von sogenannten “nicht-tödlichen Waffen” durch die Polizei stark zunimmt, da die Folgen vermeintlich überschaubar sind. 2007 wurde der Einsatz von Gummigeschossen durch die G8-Einheit der Polizei abgelehnt.

“Immerhin ist Herr Pohle so ehrlich zuzugeben, dass es ihm nicht allein um Abschreckung oder gar Deeskalation geht. Anders ist die Forderung nach dem Einsatz konventioneller Schusswaffen mit weniger durchschlagender Munition, also Gummigeschossen, auch nicht zu verstehen. Selbstverständlich sollten sich Polizisten in eskalierenden Situationen schützen können, jedoch muss immer die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt bleiben. Der Einsatz von Schusswaffen auf Zivilisten gehört nicht in eine Demokratie. Wir wenden uns entschieden gegen diese Law and Order Politik. Sachsen darf nicht zu einem Polizeistaat verkommen”, erklärt Franz Kanngießer von der Grünen Jugend Leipzig.

Auch die Äußerungen der CDU Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla sind völlig unhaltbar. Kudla äußerte sich in der LVZ darüber, dass sich “mit üppigen Subventionen und Investitionen zweifelhafte Vereine und soziokulturelle Zentren, in deren Umfeld sich die antidemokratischen Kräfte entwickeln konnten.”

“Diese Äußerungen beinhalten ein gehöriges Maß an Vorverurteilung. Die CDU vermischt Ausschreitungen und Subkultur, um alternative  Lebensformen zu diskriminieren und unter Generalverdacht zu stellen. Das ist nicht hinnehmbar”, so Kämmerer.

Die Grüne Jugend Sachsen plädiert zudem für eine offene und ehrliche Aufarbeitung des Demonstrationsgeschehens. “Ganz klar ist: Wer das eskalierende Polizeiverhalten unerwähnt lässt, verfälscht den Situationshergang und kriminalisiert bewusst einen ganzen Stadtteil und die subkulturelle Szene”, so Kämmerer.

So wurde beispielsweise eine angemeldete Kundgebung (Arndtstr./ Ecke Bernhard-Göring-Straße) ohne Provokationen seitens der Demonstrierenden mit einer Tränengaskartusche beschossen. Demonstrierende schilderten, sie wären ohne jede Kommunikation von Polizisten unter Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Pfefferspray direkt in die Auseinandersetzungen auf der Karl-Liebknecht-Straße getrieben worden.

Auch wurde der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König erneut von der sächsischen Polizei gewaltsam in Gewahrsam genommen. Es entsteht der Eindruck die sächsische Polizei wolle sich für das verpatzte Verfahren rächen.

“Das rechtfertigt nicht die vielfache Sachbeschädigung an Haltestellen und Geschäften oder das Anzünden von Mülltonnen. Ebenso wenig wie Steinwürfe auf Menschen. Wer mit Steinen wirft riskiert, dass Polizisten und Polizistinnen aber auch Unbeteiligte schwer verletzt werden. Auch Böller vor der in der Nähe gelegenen Geflüchtetenunterkunft abzufeuern, ist kaum mit antirassistischem Engagement in Einklang zu bringen, denn es verängstigt die traumatisierten Menschen, die bei uns Zuflucht suchen.”

“Nach der Hysterie um den Samstag bleibt vor allem festzuhalten. Die Antwort auf den 12.12. muss nicht Kontrolle und Kriminalisierung sein, sondern mehr Offenheit und mehr Demokratie”, so Anne Kämmerer abschließend.

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