Zur „Berliner Erklärung“ der CDU-Innenminister und zum Thema „Burka-Verbot“ erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: Mit einem planlosen Sammelsurium von Vorschlägen versuchen die CDU-Innenminister davon abzulenken, dass sie kein wirkliches Konzept gegen Terrorgefahren und religiösen Extremismus haben. Denn sie wollen sie nicht an den Wurzeln bekämpfen, sondern nur die Auswüchse. Sie verunsichern mit unausgegorenen Entwürfen und undurchdachten Wortmeldungen wochenlang die Bevölkerung. Das ist unverantwortlich.

Wie eine Schallplatte mit Sprung wird die immer gleiche alte Leier abgespielt: Mehr Überwachung, weniger Datenschutz, mehr Staatsmacht, weniger Persönlichkeitsrechte. Wir brauchen aber nicht mehr Videoüberwachung, sondern gut ausgebildete Polizisten, Staatsanwälte und Richter. Einerseits mehr Polizisten zu fordern, andererseits in eigener Verantwortung, wie auch in Sachsen seit Jahren Polizei abbauen – das ist heuchlerisch.

Wir brauchen eine stärkere Zivilgesellschaft mit einer Kultur der gegenseitigen Achtsamkeit und des wechselseitigen Respekts. Vielerorts fehlt ein soziales Frühwarnsystem, mit dem Menschen rechtzeitig reagieren, wenn in ihrer Nähe jemand gefährlich aus der Bahn gerät. Sie sind bessere Kooperationspartner der Sicherheitsbehörden als Computer-Algorithmen, die nichtorganisierte Täter kaum finden, dafür aber unzählige Unbescholtene in Verdacht bringen.

Über ein Verbot der Vollverschleierung in bestimmten Bereichen des öffentlichen Lebens kann man diskutieren – aber bitte abseits der Wahlkämpfe in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin sowie ohne Missbrauch dieses Themas im Zusammenhang mit der „Sicherheitsdebatte“, mit der es nichts zu tun hat. Die Protagonisten dieses Verbots sind in der Regel bisher nicht als Frauenrechtler in Erscheinung getreten. Das nimmt ihnen die Glaubwürdigkeit und bringt sie in Geistesverwandtschaft mit den Populisten von ganz rechts.

Aus linker und feministischer Sicht ist für mich die Vollverschleierung von Frauen Ausdruck des krassen Gegenteils der humanistisch und emanzipatorisch geprägten Gesellschaft, die ich möchte. Burka und Niqab gehören nicht in die Welt der Gleichberechtigung. Rein zahlenmäßig spielen sie allerdings in Deutschland eine verschwindend kleine Rolle. Deshalb sollte die CDU als Partei der Kanzlerin lieber über eine Offensive für die bessere Integration muslimischer Frauen in den deutschen Arbeitsmarkt öffentlich nachdenken.

Da hätten die Christdemokraten viel zu tun: Denn gerade die „Kirchenklausel“ im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (Paragraf 9) versperrt vielen muslimischen Frauen, die im sozialen Bereich tätig werden wollen, den Zugang zum Arbeitsmarkt. Denn ein Großteil der – mit Steuergeldern finanzierten – Einrichtungen ist in kirchlicher Trägerschaft, womit das Recht, konfessionsgebunden einzustellen, verbunden ist. Hier anzusetzen schafft mehr Integration als ein Burka-Verbot. Und in diesem Bereich ist auch das Kopftuch kein Problem, schließlich sind dort bis heute auch christliche Ordensschwestern in Tracht tätig.

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