Die tschechoslowakischen Modernisierungsmaßnahmen von Transkarpatien (Zakarpattja) verweisen auf eine hierarchische Struktur von Peripherie und Zentrum, die sich u.a. als diskursive Aneignung dieses Raums äußert. Jedoch vermittelten Literatur und andere künstlerische Medien eine durchaus spürbare Selbstreflexion dieses Aneignungsprozesses.

Damit ergibt sich für den Vortrag folgende Fragestellung: Wie gestaltet sich der Prozess der Aneignung Transkarpatiens als Teil der jeweiligen Identität in der tschechischen (resp. tschechoslowakischen) und russinischen Literatur und in Filmen der Zwischenkriegszeit? Mit welchen theoretischen Modellen der Literatur- und Kulturwissenschaften kann man diesen Prozess beschreiben?

Als Ausgangshypothese dient in Anlehnung an Mary Pratts Konzept die Kontaktzone als Metapher zur Beschreibung von Kulturkontakt. In dieser Konzeption werden Eigene und Fremde resp. Beobachter und Beobachtete in ihren häufig asymmetrischen Beziehungen zueinander gleichzeitig thematisiert.

Die Beobachter werden selbst zum Teil der Begegnung mit dem Fremden, wie es sich in der Prosa der tschechischen Autoren (z.B. Ivan Olbrachts oder Karel Čapek) sowie auch in Texten ruthenischer Autoren zeigt. Diese Art narrativer Kontaktzone bietet eine andere Sichtweise als das bekannte, exklusive Modell der imaginierten, nationale Identität produzierenden Gemeinschaft und eignet sich zur Beschreibung regionaler transkultureller und asymmetrischer Konstellation.

Alexander Kratochvil ist Slawist und Literaturwissenschaftler, Lehrbeauftragter am Institut für Slawistik und Hungarologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und zurzeit Fellow am Leibniz ScienceCampus EEGA in Leipzig.

Mittwoch, 05. Dezember 2018, 17 Uhr c.t.
GWZO, Specks Hof (Eingang A), Reichsstraße 4–6, 04109 Leipzig
Die Veranstaltung ist öffentlich und kostenfrei.

Referent: Dr. habil. Alexander Kratochvil (Humboldt-Universität zu Berlin/EEGA)

Moderation: Dr. Christine Gölz (GWZO)

Eine Muntermacher-LZ Nr. 61 für aufmerksame Zeitgenossen

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