Am 27. Januar 2018, dem internationalen Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus, räumte die Stadt Leipzig in ihren zentralen Gedenkfeierlichkeiten am Mahnmal des ehemaligen KZ-Außenlagers in Abtnaundorf, einer Bevölkerungs- und ja, auch Opfergruppe während der NS-Zeit, besonderen Raum ein. Der in Leipzig lebende Rom Gjulner Sejdi hielt an diesem Tag eine sehr beeindruckende Rede und rückte damit die Verbrechen an den Sinti und Roma für einen Moment in den Blickpunkt der Wahrnehmung.

Eine halbe Million von ihnen wurde systematisch von den Nazis verfolgt, entrechtet und ermordet. Dennoch mussten die als „Zigeuner“ verunglimpften Menschen nach 1945 in beiden deutschen Staaten darum kämpfen, als Opfergruppe überhaupt anerkannt zu werden. Heute, beinah 70 Jahre nach dem Krieg, sind Sinti und Roma noch immer mit Verfolgung, Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert und von bitterer Armut betroffen – vor allem in Osteuropa -, weshalb viele von ihnen nach Deutschland fliehen.

In Sachsen nimmt sich der Verein „Romano Sumnal“, was so viel bedeutet wie „Roma-Welt“, den Interessen der im Freistaat lebenden Roma an. Rund 300 Mitglieder hat der vor fünf Jahren gegründete Verein, seinen Sitz seit Mai 2018 verlegt vom Pögehaus im Osten der Stadt in die Grünauer Ludwigsburger Straße. Vorsitzender ist Gjulner Sejdi, der 1991 infolge der Jugoslawienkriege nach Deutschland kam. In Grünau, so sagt er, wohnen etwa 15 Roma-Familien.

Man sei ihnen praktisch hinterhergezogen. Allerdings bediene das Wort „Familie“ längst nicht mehr das alte Klischee der unsesshaften Groß-Clans. „Das sind durchaus ganz ‚normale‘ Familien mit einem oder zwei Kindern“, sagt Gjulner Sejdi. Die allermeisten von ihnen gut integriert in der Gesellschaft und dennoch trotz jahrzehntelangen Aufenthalts durch die Deklarierung bestimmter Länder zu sicheren Herkunftsstaaten, ständig von Abschiebung bedroht. Gjulner Sejdi und seine Frau Petra, die ebenfalls im Verein tätig ist, kennen die absurdesten Geschichten.

Die Linkspartei nimmt sich nun der älteren und neueren Geschichte(n) der Sinti und Roma an und zeigt im Wahlkreisbüro der Abgeordneten Cornelia Falken (MdL) und Sören Pellmann (MdB), in der Stuttgarter Allee 18, ab Mitte Dezember eine Ausstellung, die sich dem Leben und der Verfolgung Leipziger Sinti und Roma während des Nationalsozialismus widmet.

Eröffnet wird sie im Beisein von Sören Pellmann an einem für diese ethnische Gruppe so schicksalhaften Datum: Am 16. Dezember. An diesem Tag vor 76 Jahren unterschrieb Heinrich Himmler den so genannten Auschwitzerlass und besiegelte damit den Massenmord an den Sinti und Roma. Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung wird Gjulner Sejdi Einblicke in Geschichte, Sprache und Kultur des ursprünglich aus Indien nach Europa eingewanderten Volkes geben, bevor sich eine Diskussionsrunde über die aktuelle Situation der hier lebenden Menschen anschließen soll. Interessierte sind ab 15 Uhr herzlich willkommen.

Auf einen Blick:

Wann: Sonntag, 16. Dezember 2018, 15 Uhr

Wo: Wahlkreisbüro Die Linke, Stuttgarter Allee 18

Was: Ausstellungseröffnung „Sinti und Roma in Leipzig während der NS-Zeit“ mit Vortrag zur Geschichte und Kultur des Volkes und anschließender Diskussion zur heutigen Situation der hier lebenden Menschen

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