100 Jahre Wahlrecht, aber noch keine Gleichbehandlung am Arbeitsmarkt: In Leipzig werden 68 Prozent aller Teilzeitjobs von Frauen erledigt. Bei den rund 39.000 Minijobs im Landkreis liegt der Frauenanteil bei 56 Prozent. Darauf weist die Gewerkschaft-Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zum Internationalen Frauentag [f. d. Red.: 8. März] hin. Sie beruft sich hierbei auf aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

„Prekäre Jobs sind noch immer eine Frauendomäne. Das bedeutet nicht nur geringere Einkommen, sondern auch schlechtere Karrierechancen“, warnt Gewerkschafter Jörg Most. Teilzeit- und Minijobs seien insbesondere in Hotels, Restaurants und Bäckereien weit verbreitet. Hinzu kommt, so Most, häufig eine „Diskriminierung per Lohnzettel“.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts liegt der Verdienstunterschied zwischen den Geschlechtern seit Jahren bei 21 Prozent. Zwar sei die Kluft in Mitteldeutschland deutlich geringer als im Bundesschnitt, so die NGG Leipzig-Halle-Dessau. „Aber es sind immer noch vor allem Frauen, die sich nach einem langen Arbeitstag um Familie und Haushalt kümmern – und das unbezahlt.“

Die Folgen seien spätestens im Rentenalter „dramatisch“, so die NGG. „Wer über Jahrzehnte wenig verdient und etwa wegen Kindern Unterbrechungen im Erwerbsleben hat, der bekommt kaum Rentenpunkte. Das führt dann zu Armutsrenten, die der Staat aufstocken muss“, betont Most. Am Ende zahlten Steuerzahler die Quittung für die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt. Damit müsse Schluss sein. „Unternehmen, die Frauen und Männer für den gleichen Job unterschiedlich bezahlen, sollten mit Konsequenzen rechnen.“

Die Möglichkeit dazu biete zwar das sogenannte Entgelttransparenzgesetz, das seit gut einem Jahr gilt. Danach haben Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern das Recht zu erfahren, was ein Kollege in vergleichbarer Position verdient. Chefs müssen dann bestehende Unterschiede abschaffen.

Doch laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung wird das Gesetz bisher kaum genutzt. Nach Einschätzung von Jörg Most liegt das auch daran, dass kleine Betriebe vom Gesetz ausgenommen sind – „obwohl die Lohnunterschiede dort besonders groß sind“. Die NGG macht sich für einen gesetzlichen Anspruch auf „gleiches Geld für gleiche Arbeit“ stark.

Die neue Leipziger Zeitung Nr. 64: Kopf hoch oder „Stell dir vor, die Zukunft ist jetzt“

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