Die Empörung des Prof. für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Kai von Klitzings, zum vergleichsweise schlechten Betreuungsschlüssel in Ostdeutschland und seine Forderung nach dessen deutlicher Verbesserung teilt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat. Die Empörung rechtfertigt jedoch in keiner Weise, Erzieher*innen und Müttern den schwarzen Peter zuzuschieben.

Katharina Krefft, Fraktionsvorsitzende: „Wir brauchen eine deutliche Verbesserung des Betreuungschlüssels wie auch der Ausbildungsbedingungen für Erzieher*innen. Die Abschaffung des Schulgeldes und die Einführung einer Ausbildungsvergütung sind wesentlich, um mehr Menschen für den Beruf der Erzieher*in zu gewinnen. Das ist die Grundvoraussetzung für eine Besserung des Betreuungsschlüssels, denn faktisch sehen sich die Kommunen bereits heute einem enormen Fachkräftemangel gegenüber. So hat die Stadt heute schon Probleme, neu gebaute Kindertagesstätten eröffnen zu können.

Um die Fachkräfteproblematik zu lösen, muss man an den großen Hebeln ziehen – bessere Entlohnung und attraktivere Ausbildungsbedingungen. Größere Ausbildungskapazitäten sind dafür Grundvoraussetzungen. Die langjährige CDU-Regierung hat sich diesem Thema nie gewidmet und auch unter der CDU-SPD-Koalition wurden nur halbherzige Schritte unternommen. Stattdessen hat der Stadtrat, initiiert vom Jugendhilfeausschuss, die berufsbegleitende Erzieherausbildung selbst auf den Weg gebracht.“

Deutlich zu kurz greift eine politische Ursachenanalyse, die Unzufriedenheit der Menschen in Ostdeutschland auf eine schlechte Betreuung im Kleinkindalter zurückzuführen. Mindestens sind alle realen Unzufriedenheitsgründe, wie die Deindustrialisierung Ostdeutschlands nach 1990, die anhaltende Ungleichbehandlung bei Löhnen und Renten, die Folgen der Vernachlässigung der Bildungsinfrastruktur im ländlichen Raum und die mangelnde Repräsentanz von Menschen mit ostdeutscher Herkunft in den Führungsebenen unseres Landes zu berücksichtigen.

Dr. Gesine Märtens, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion: „Der Vorwurf der Kindesmisshandlung ist überzogen, die implizite Kritik an der frühkindlichen Betreuung frauenfeindlich. Die vornehmlich weiblichen Erzieher*innen machen auch unter schwierigen Bedingungen einen hervorragenden Job. Jede Mutter und jeder Vater, die unter vielfachen Herausforderung Familie und Beruf in Einklang bringen, müssen und können sich auf die Erzieherinnen verlassen. Ein westdeutsches Krippeangebot bis 12 Uhr wollen wir nicht!“

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