Die Technische Universität Dresden, das Klinikum Chemnitz und die Dresdner Hochschulmedizin starten mit Beginn des Wintersemesters 2020/21 den Modellstudiengang Humanmedizin, kurz MEDiC. Der neue Studiengang hat das Ziel, langfristig die ärztliche Versorgung in allen Regionen zu sichern.

„Eine gute medizinische Versorgung in allen Regionen in Sachsen ist nicht erst seit Corona ein ganz wichtiges Thema. Wir brauchen junge Ärztinnen und Ärzte überall bei uns im Land – in den Städten genauso wie in den ländlichen Regionen. Deshalb bin ich allen Beteiligten aus Dresden und Chemnitz sehr dankbar, die nach vorne geschaut und diesen Modellstudiengang gemeinsam entwickelt und sich dafür stark gemacht haben.

Das neue Angebot ist ein großer Gewinn. Die Praxisnähe und vor allem der enge Austausch mit hier niedergelassenen Ärzten werden entscheidend mit dazu beitragen, dass Absolventinnen und Absolventen am Ende hier in der Region in Mittel- und Westsachsen bleiben“, so Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Aus über 22.000 Bewerbern wurden 50 Studierende ausgewählt, fast jeder Zweite kommt aus den ostdeutschen Bundesländern und fast jeder Fünfte von ihnen stammt aus dem Großraum Chemnitz. Hier, im südsächsischen Raum, ist der Bedarf an Ärzten besonders groß. Bis zum Jahr 2030 wird fast jeder Fünfte, der in diesem Gebiet wohnt, 75 Jahre oder älter sein. Damit wächst auch der Anteil der Patienten, die an chronischen und versorgungsintensiven Erkrankungen leiden. Gleichzeitig werden in diesem Zeitraum zwei Drittel der 2014 noch ambulant tätigen Ärzte in dieser Region in den Ruhestand gegangen sein.

„Wir hegen deshalb zurecht die Hoffnung, dass sich viele der Absolventen nach ihrem Abschluss dafür entscheiden, in der Region auch als Mediziner tätig zu werden. Genau das war und ist das Ziel dieses Projektes“, sagt Professor Michael Albrecht. Er ist Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden, war Impulsgeber für den neuen Studiengang und ist heute Sprecher von MEDiC.

Von der Zulassung des Modellstudiengangs durch die Sächsische Landesdirektion am 17. Februar 2020 bis zum Studienstart sind weniger als zehn Monate vergangen. In Rekordzeit wurde ein Curriculum erstellt. Anders als im Regelstudiengang werden die Studierenden am Campus Chemnitz nicht die Fächer Anatomie oder Kardiologie in ihren Lehrplänen finden, stattdessen wird das Wissen bezogen auf einzelne Organsysteme, wie den Thorax oder das Nervensystem, vermittelt.

Neu ist auch die enge Verzahnung von theoretischen Grundlagen mit der praktischen Ausbildung. Die Studierenden werden bereits ab dem ersten Semester, in dem es vorrangig um die Berufsfelderkunden geht, in die Betreuung von Patienten eingebunden. Sie lernen hier die verschiedenen Rollen eines Arztes kennen, der nicht nur medizinischer Experte ist, sondern auch Kommunikator, Teammitglied, Gelehrter und Visionär.

„Wir sind sehr glücklich, dass diese Kooperation zustande gekommen ist. Der Hochschulmedizin Dresden bietet sich mit dem Modellstudiengang die einzigartige Möglichkeit, neue Formen der Lehre zu entwickeln und zu erproben“, sagt Prof. Heinz Reichmann. „Wir können in einigen Bereichen, wie der digitalisierten Lehre, Innovationsmotor werden“, ergänzt der Dekan der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Auch deshalb werden die neuen Lehrformen von einer wissenschaftlichen Studie begleitet und auf ihre Tauglichkeit für eine mögliche Übernahme in den Regelbetrieb geprüft.

Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow ergänzt: „Mit dem Modellstudiengang stellen die TU Dresden und die Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus Dresden einmal mehr die Innovationsfähigkeit und Zukunftsorientierung unseres Hochschulwesens unter Beweis. Es werden zwei Hauptziele des Masterplans Medizinstudium 2020 umgesetzt, nämlich die Stärkung der Allgemeinmedizin und die Vertiefung der Praxisnähe des Studiums. Ich halte die Ausbildung in der Region für die Region, verbunden mit der Kooperation vieler Praxispartner vor Ort, für ein überzeugendes Konzept zur Sicherung der ärztlichen Versorgung im Raum Südsachsen.“

Der TU Dresden ist es mit dem Modellstudiengang MEDiC gelungen, die Zahl der Studienplätze für künftige Mediziner an der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus von bisher 225 auf 275 zu erhöhen. „MEDiC kann in Zeiten des regionalen Ärztemangels einen Modellcharakter für ganz Deutschland entwickeln“, sagt Prof. Gerald Gerlach, Prorektor Bildung der TU Dresden. „Hier wird eine neue Generation lokal verwurzelter Ärztinnen und Ärzte ausgebildet, die in einer digitalisierten und zunehmend vernetzten Medizin Erkenntnisse aus der Wissenschaft kompetent bewerten und in ihr ärztliches Handeln integrieren können.“

Der Modellstudiengang ist ein großer Schritt zur Sicherung und langfristigen Förderung der medizinischen Versorgung, insbesondere auch in ländlichen Regionen. Ein besonderes Merkmal dieses Studiengangs ist die frühe Verzahnung von vorklinischen und klinischen Lehrinhalten, sodass die Studierenden schon ganz am Anfang des Studiums das ärztliche Berufsfeld erleben und praktische Erfahrungen sowohl aus dem ambulanten als auch dem klinischen Sektor erwerben können.

Als Partner für dieses Projekt konnte mit dem Maximalversorger Klinikum Chemnitz das drittgrößte kommunale Krankenhaus Deutschlands gewonnen werden, das jedes Jahr mit etwa 7.000 Mitarbeitern mehr als 72.000 Patienten voll- und teilstationär sowie 150.000 Patienten ambulant betreut. Neben einem therapeutischen wie diagnostischen Leistungsangebot auf universitärem Niveau, werden die Studierenden auch von der digitalen Kompetenz des Klinikums Chemnitz und seiner exzellenten Vernetzung in der Region profitieren.

„Der Auftakt der akademisch-medizinischen Ausbildung am Campus Klinikum Chemnitz ist ein Meilenstein für den Maximalversorger und die Region Südwest- und Mittelsachsen. Das Klinikum, Lehrkrankenhaus der Unikliniken in Dresden und Leipzig, erfährt nun einen deutlichen Schub auf dem Weg der Akademisierung des Hauses.

In Zusammenarbeit mit erfahrenen Ärzten im ambulanten und stationären Sektor liegt die große Chance für die Studierenden bei ihrem Wissenserwerb praktisch begleitet zu werden. Sie werden so natürlich auch auf eine mögliche spätere Übernahme von Arztpraxen als Nachfolger vorbereitet“, erklärt Dipl.-Oec. Dirk Balster, Kaufmännischer Geschäftsführer des Klinikums Chemnitz.

Die Stadt Chemnitz als Eigentümerin des Chemnitzer Klinikums unterstützt die Einführung des neuen Studiengangs indem die erforderlichen Flächen für den Campus bereitgestellt werden. „Chemnitz und die gesamte Region werden ganz erheblich von dem neuen Modellstudiengang profitieren, da dieser Studiengang eine hohe Anziehungskraft vor allem für junge Menschen hat.

Unsere Stadt bietet mit ihren breiten Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten schon heute sehr gute Chancen zur persönlichen Entwicklung. Mit diesem neuen Studiengang wird sie als Lebensmittelpunkt und Wirtschaftsstandort noch attraktiver. Und nicht zuletzt erhoffe ich mir davon auch Impulse zur Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Stadt“ so Sven Schulze, der künftige Chemnitzer Oberbürgermeister.

Die 50 Studierenden haben sich mit ihrer Abiturbestnote und dem Testergebnis für Medizinische Studiengänge (TMS) beworben. Für die künftigen Jahrgänge wurde ein spezielles kompetenzorientiertes Auswahlverfahren entwickelt, welches individuelle, multimodale Interviews beinhaltet.

„Die gezielt ausgewählten Studierenden werden durch das innovative Curriculum des Modellstudiengangs zu einer Generation von Ärztinnen und Ärzten ausgebildet, die durch ihre Kompetenzen in einer digital-vernetzten, interprofessionellen Medizin und einer versorgungsorientierten Wissenschaft die Region Südsachsen nachhaltig stärken wird“, erklärt PD Dr. Timo Siepmann, Projektleiter des Studiengangs MEDiC an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Die Vergabe der MEDiC-Studienplätze erfolgt dann über die Stiftung für Hochschulstart. Für das kommende Studienjahr 2021/22 ist die Vergabe von 50 Plätzen über ein spezifisches Auswahlverfahren geplant.

30 Jahre deutsch-deutsche Parallelwelt: Höchste Zeit, die betonierten Vorurteile zu demontieren

30 Jahre deutsch-deutsche Parallelwelt: Höchste Zeit, die betonierten Vorurteile zu demontieren

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar