Am 15. März 2020, genau vor einem Jahr, wurde auf dem Gelände der Deutschen Bahn, nahe der Rosa-Luxemburg-Straße, der Leichnam einer 25-jährigen jungen Frau gefunden. Seit ein paar Monaten ist nun bekannt, dass es sich bei der Ermordeten um „Nicky“ gehandelt hat. In der Berichterstattung kurz nach der Tat wurde die Ermordung von Nicky in den Kontext des gefährlichen Straßenlebens oder einer unglücklichen Beziehungstat gestellt. Doch kaum eine Woche nach dem Auffinden des Leichnams wurde es um die Aufarbeitung der Ereignisse ruhig.

Caroline Dalibor von „KeineMehr“-Leipzig erklärt hierzu: „Wir stellen immer wieder fest, dass in den Medien und bei den Behörden noch immer nicht anerkannt wurde, dass die Ermordung von Frauen und als Frauen gelesene Personen, weil sie Frauen sind, ein eigenständiger Tatbestand ist. Nicht das Leben auf der Straße und auch keine Beziehung hat Nicky getötet. Es sind Besitzansprüche an Frauen und das Ausüben patriarchaler Gewalt, die zu diesen Morden führen!“

Nicky war in den Monaten vor ihrer Ermordung in einer sehr prekären Situation. Es ist wichtig über ihre Obdachlosigkeit zu berichten, damit wir alle verstehen können, warum manche Menschen noch viel mehr von Gewalt und Diskriminierung betroffen sind als andere.

Jedoch war die Berichterstattung zu ihrer Person immer gezeichnet von dem Bedienen von Klischees und Herabwürdigungen. So wurde ein Bekannter der ermordeten Nicky mit den Worten zitiert, dass aufgrund von Drogenkonsum es nicht möglich gewesen wäre, „ein vernünftiges Gespräch“ mit ihr zu führen.

„Wir wollen mit der Gedenkkundgebung für Nicky eine andere Nachricht vermitteln, nämlich, dass eine Frau ihres Lebens beraubt wurde und eine Lücke in ihrem Umfeld hinterlassen hat. Wir rufen zu einem würdigen Gedenken auf!“, so Caroline Dalibor.

Die vergangene Aktion von „#KeineMehr“-Leipzig zum 8. März 2021 machte zwölf Feminizide und weitere zwölf Verdachtsfälle sichtbar, die in Leipzig in den vergangenen zehn Jahren begangen wurden.

Dazu Caroline Dalibor: „Erst wenn wir die richtigen Begriffe haben, wenn wir anfangen hinzuschauen und bereit sind, die Namen der Frauen, die wegen Frauenhass sterben mussten, zu erfassen, können wir begreifen, welches Ausmaß dieser Gewalt in unserer Gesellschaft zukommt.“

Mit dem Durchführen der Gedenkkundgebung für Nicky soll auch auf patriarchale Gewalt und auf Gewalt gegen FLINTA* Personen aufmerksam gemacht werden.

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