Erfolgreiche Unternehmen haben häufig ein besonders weitreichendes Netzwerk. Darin erreichen sie oft die begehrte Position eines Gatekeepers (zu Deutsch: Pförtner), der zwischen verschiedenen Märkten und Branchen vermittelt. Wie ihnen das gelingt, zeigt eine neue Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Goethe-Universität Frankfurt.

 Die Forschenden analysierten hierfür die Kooperationsbeziehungen der 500 größten Firmen in Deutschland. Die Studie wurde im „European Management Journal“ veröffentlicht.

In geschäftlichen Netzwerken haben Gatekeeper eine zentrale Rolle, denn sie verbinden Märkte und Branchen, die sonst keinerlei Kontakt miteinander hätten. Davon profitieren nicht nur die neu verbundenen Unternehmen: „Als Bindeglied kontrolliert der Gatekeeper den Informationsfluss und gewinnt neue Erkenntnisse aus verschiedensten Wirtschaftszweigen“, erklärt Prof. Dr. Nicolas Zacharias von der MLU. „So ein Unternehmen hebt sich von der Konkurrenz ab, ist innovativer und erzielt in Folge höhere Gewinne.“

Um an die notwendigen Daten für ihre Studie zu kommen, nutzte das Forschungsteam ein selbst entwickeltes „Data Crawling Tool“. Das ist ein Algorithmus, der Presseveröffentlichungen der Unternehmen aus den Jahren 2006 bis 2014 durchforstete. Sobald in einem Dokument zwei Unternehmen in einem gemeinschaftlichen Zusammenhang genannt waren, speicherte das Tool den entsprechenden Text.

In die finale Analyse flossen 1.453 Treffer ein, die das Team in drei Kategorien einordnete: „Je nachdem, wie intensiv Unternehmen dabei miteinander interagieren, wurde ihre Zusammenarbeit in schwach, mittel oder stark eingeteilt“, erklärt Zacharias. Die Mitgliedschaft im gleichen Verband wäre zum Beispiel eine schwache Bindung, gemeinsame Projekte und Konsortien ordneten die Forschenden als mittel ein und Firmen, zwischen denen feste Verträge bestehen und Kapitalaustausch stattfindet, seien stark verbunden.

Mittels Analyse der Daten aus den Pressemitteilungen in Kombination mit Angaben aus Jahresberichten, etwa Gewinn und Patentanmeldungen, ergibt sich: Gerade mittelstarke Kollaborationen führen zur begehrten Gatekeeper-Position. Das verwundert die Forschenden: „Man ging lange davon aus, dass am meisten Nutzen aus schwachen Verbindungen gezogen wird“, so Zacharias.

Je weiter eine Kollaboration aus der eigenen Branche herausreiche, desto schwächer sei die Verbindung zwischen den interagierenden Unternehmen im Allgemeinen. So bringe der Kontakt zwar neue Ressourcen und Ideen ohne Überschneidung von Geschäftsbereichen und Know-how, aber durch das geringere Verpflichtungsgefühl zwischen den Unternehmen seien die neuen Erkenntnisse in der Regel nicht gewinnbringend umsetzbar.

2014 gehörten unter anderem Daimler, die Robert Bosch GmbH, BASF, die Airbus Group und die Deutsche Telekom zu den erfolgreichsten Gatekeepern Deutschlands. „Große Unternehmen haben viele Kontakte und sind breit aufgestellt“, so Zacharias. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet diese Unternehmen eine Gatekeeper-Position erlangen.

Neu ist allerdings die Erkenntnis, wie ihnen dies gelingt. Daher rät Zacharias: „Unternehmen sollten sich trauen, aus ihrer eigenen Branche hinauszublicken und sich an gemeinsamen Forschungsprojekten oder anderen mittelstarken Kollaborationen zu beteiligen.“ Auch schwache Verbindungen seien sinnvoll, weil sie das Potential haben, sich weiterzuentwickeln.

Studie: Nicolas A. Zacharias, Dace Daldere, Oliver Hinz. Which collaborations allow firms to become gatekeepers? A longitudinal analysis of a large-scale collaboration network. European Management Journal (2021). https://doi.org/10.1016/j.emj.2021.09.008

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar