Die Leipziger Volkszeitung berichtet heute über eine Vorgabe aus dem Kultusministerium. Demnach sollen Viertklässler trotz Gymnasialeignung nur eine Bildungsempfehlung für die Oberschule erhalten, weil ihre Eltern von dem Aussetzen der Schulbesuchspflicht Gebrauch gemacht und sie angesichts des gesundheitlichen Risikos oder wegen der Solidarität anderen gegenüber nicht in die Schule geschickt haben. 

Luise Neuhaus-Wartenberg, Sprecherin der Linksfraktion für Bildungspolitik, erklärt: „Das ist wirklich ärgerlich und deprimierend, besonders für die betroffenen Familien – umso mehr, weil wir bereits zu Jahresbeginn das Kultusministerium auf dieses Problem angesprochen haben, als ein entsprechendes Schreiben an die Schulleitungen publik wurde. Uns wurde zugesagt, dass für all diese Fälle eine Lösung gefunden werden würde. Und nun sehen wir das gleiche Problem wieder.

Bei den betroffenen Familien handelt es sich mehrheitlich um Menschen, die solidarisch waren, das Märchen vom ,sicheren Ort Schule‘ nicht geglaubt und zu Hause ganz viel alleine gemacht haben. Es darf nicht sein, dass ihre Kinder nun für diese berechtigte Vorsicht bezahlen müssen – schließlich bestimmt die Schulartwahl im veralteten sächsischen Schulsystem oftmals über den weiteren Lebensweg.

Die Bildungsempfehlung kann zwar durch die Eltern umgangen werden, aber wir wissen alle, welche bürokratischen Hürden und vor allem wieviel Rennerei, Schreiberei und Gespräche das mit sich bringt. Das ist unnötig und deplatziert, gerade in der jetzigen Krisensituation. Wir sollten es den Lehrkräften gemeinsam mit den Familien überlassen, die Fähigkeiten der Schulkinder zu beurteilen. In aller Regel werden sie wohlwollend und faktenbasiert entscheiden.

Sachsen hinkt bei der Bildungs-Digitalisierung hinterher und krankt immer noch am Lehrkräftemangel, den die CDU-geführten Regierungen verursacht haben. Hinzu kommt die niedrige Impfquote, wobei für die betroffenen jungen Menschen unter 12 Jahren lange keine Impfung möglich war – um sie geht es bei der Bildungsempfehlung. Wer in dieser Situation so unsensibel kommuniziert und entscheidet, muss sich nicht wundern, wenn die gesellschaftliche Stimmung weiter kippt.

Wertes Kultusministerium, Sie müssen doch hoffentlich aus den letzten zwei Jahren gelernt haben. Zwei unnormale Schuljahre erfordern kreative, mutige und wohlwollende Lösungen. Mit ausschließlicher Leistungsorientierung aus einem vergangenen Jahrhundert kommen wir nicht weiter. Die Staatsregierung hat jetzt die Chance, die Schulwelt etwas gerechter zu machen. Das bedeutet: den Einzelfall betrachten, die Lehrpläne anpassen und den Fokus auf das Wesentliche setzen!“

 

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