Die Stadt Leipzig weiht am 15. Oktober 2023 im Kolumbarium der Gedenkstätte Theresienstadt (Terezin, Tschechien) um 14:30 Uhr eine Gedenktafel zur Erinnerung an jüdische Leipzigerinnen und Leipziger ein. Eine Delegation aus Leipzig unter Leitung von Oberbürgermeister Burkhard Jung, der auch Stadträtinnen und Stadträte angehören, begleiten die feierliche Veranstaltung, an der auch der Bürgermeister von Theresienstadt, René Tomášek, teilnimmt.

„Die heutige Einweihung der Gedenktafel in Theresienstadt ist ein Zeichen, dass auch mehr als 80 Jahre nach den unfassbaren Verbrechen der Shoa die Erinnerung keine Halbwertszeit kennen darf. Es ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten zu unserer historischen Verantwortung zu stehen. Die bürgerschaftliche Initiative für die Errichtung der Gedenktafel für die aus Leipzig deportierten Jüdinnen und Juden ist Ausdruck einer starken Zivilgesellschaft. Nur in der Form kann aus Verachtung und Vernichtung wieder eine Aussöhnung und ein Miteinander erwachsen“, sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung.

Mit der Einweihung erinnern die Stadt Leipzig und die Gedenkstätte an die fast 1.000 Menschen, welche zwischen 1942 und 1945 nach Theresienstadt deportiert wurden. Die meisten von ihnen kamen mit Deportationszügen direkt aus Leipzig. Aber auch aus anderen Orten, wohin sie vor dem nationalsozialistischen Terror flohen, wurden Leipziger jüdische Frauen, Männer und Kinder nach Theresienstadt verbracht. Viele der Deportierten aus Leipzig waren alt und krank, mehr als die Hälfte von ihnen waren Frauen, zudem wurden elf Kinder verzeichnet.

Die Nationalsozialisten stellten in ihrer Propaganda das Ghetto als Alterswohnsitz für Juden dar. Zur Deportation gedrängte Menschen mussten „Heimeinkaufsverträge“ abschließen. Auf die Transporte durften sie nur wenig Hausrat mitnehmen, letzte Besitztümer wurden ihnen weggenommen. Tatsächlich war das Ghetto in Theresienstadt ein Durchgangslager für Deportationen in Vernichtungslager. Nachweisbar wurden aus Theresienstadt 255 Leipziger nach Auschwitz deportiert und meist dort ermordet, 27 Leipziger nach Treblinka, 3 schon 1942 nach Riga.

In Theresienstadt oder in den Vernichtungslagern starben 754 Leipziger und Leipzigerinnen; nur 232 überlebten, darunter waren allein 148 von 150 Menschen aus dem letzten Transport von Leipzig nach Theresienstadt, welcher noch kurz vor Kriegsende am 14. Februar 1945 abfuhr. An diesen erinnert seit dem Jahr 2012 eine Gedenkinstallation am Gleis 24 im Hauptbahnhof Leipzig.

Mit der Gedenktafel wird ein sichtbares Erinnerungszeichen für die Menschen installiert, denen großes Unrecht geschehen und unermessliches Leid widerfahren ist. Angeregt wurde die Würdigung durch eine Petition eines Leipziger Bürgers, die Umsetzung beschlossen vom Leipziger Stadtrat. Der Text wird in deutscher, tschechischer und englischer Sprache allen Interessierten im Kolumbarium in Theresienstadt zugänglich gemacht. Der Entwurf stammt von der Leipziger Künstlerin Katja Zwirnmann.

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