In Leipzig leben um 1800 ständig 40 bis 50 Juden, 1834 sind es schon 136, und 850 in ganz Sachsen. 1814 wird die Einrichtung des israelitischen Friedhofes im Johannistal erlaubt, 1834 entsteht die „Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig“. Von einer uneingeschränkten Gleichberechtigung der Juden (wie sie das Großherzogtum Baden als erster deutscher Staat 1862 den Juden gewährt) kann in Sachsen keine Rede sein.

Vor diesem nur angedeuteten zeitgeschichtlichen Hintergrund (und um den Inhalt der Predigt und die Reaktionen des Publikums zu verstehen und entsprechend würdigen zu können) predigt Issaac Levin Auerbach (1791–1853) anlässlich eines deutsch-israelitischen Gottesdienstes während der Leipziger Messe am 27. April 1833 über „Die Aufnahme Israels in die große Gemeinschaft der Nationen“.

Auerbach, im Jahre 1828 als Prediger an den deutsch-israelitischen Tempel nach Leipzig berufen, bringt seine Predigt 1833 als 17-seitige Schrift im Leipziger Verlag von Adolph Frohberger heraus.

Genau einen Monat später stellt Gustav Grahl das Werk unter dem Titel der Predigt den Lesern des Leipziger Tageblatts vor.

Die Predigt der Hoffnung

Hier sei nur die Einleitung als Anregung zum Lesen des ganzen Textes im Internet zitiert (Rechtschreibung im Original, Anm. d. Red.): „Der Gottesdienst an diesem Tage war kaum vorüber, und der Prediger in seinem Privatzimmer, als er von den zahlreichen Christen und Christinnen, die alle dem herrlichen Rednertalente des Herrn D. Auerbach ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatten, durch Abgeordnete aufgefordert wurde, seine so eben gesprochenen, tief in das Herz jedes menschenfreundlich gesinnten Staatsbürgers dringenden Worte, dem Drucke zu übergeben.

Leset nun, leset ihr, die ihr bei der edelsten Regung unseres Jahrhunderts, bei dem christlichen Streben der Nationen, das verachtete, verspottete, zertretene Judengeschlecht emporzuheben und heranzubilden zu würdigen Staatsbürgern und es zu entschädigen für tausendjährige Schmach, leset ihr Alle, die ihr nicht achtend das christliche Princip der Liebe in eurem Wahne, eurem Eigennutze, euren Vorurtheilen, die Achsel vornehm zucket; hier wird euch vom israelitischen Predigerstuhle herab die Binde vom Auge genommen und ihr steht da in eurer ganzen Nacktheit. Es folgen hier einige, der vortrefflichen Rede entnommene, Sätze. …“

Gustav Grahl schließt seinen Text mit den Worten: „Das sind die Grundsätze der neuern israelitischen Gemeinde, und wir Christen wollten bei solcher Liebe, bei solchen Gesinnungen, bei solchem Streben, sich mit aller inneren Herzlichkeit und Aufrichtigkeit dem Bunde der Nationen anzuschließen, das Wohl des Vaterlandes zu fördern und ihm Fähigkeiten und Kräfte zu weihen, wir wollten diesen Juden feindselig entgegentreten und ihnen ihre heißen Wünsche ungewährt lassen?“

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