In Plagwitz ist man offen für Flüchtlinge. Die "Offene Nachbarschaft Leipzig-Südwest für Flüchtlinge", ein Zusammenschluss von Anwohnern, heißt die Asylsuchenden willkommen, die im Haus Markranstädter Straße 16/18 ab Herbst 2013 wohnen sollen. Das versteht die Initiative auch als Zeichen an andere Stadtteile, sich weniger zugeknöpft zu geben.

“Nun steht er also an – der Lackmustest in Sachen Weltoffenheit und Toleranz.” So sieht Thomaspfarrer Christian Wolff die Entscheidung über die künftige Unterbringung von Asylsuchenden in Leipzig. Bislang reagierte die Basis in verschiedenen Stadtteilen eher angesäuert auf die Vorschläge aus dem Rathaus für mehr Dezentralität für die Asylsuchenden. Mancher fühlte sich auch schlichtweg zu spät informiert.

Am kommenden Mittwoch, 18. Juli, soll nun der Stadtrat über das nochmals veränderte Unterbringungskonzept abstimmen. Das wäre dann der amtliche erste Teil des Lackmustestes.”Der Stadtrat wird aufgefordert, das Konzept bei seiner nächsten Sitzung am 18. Juli zu verabschieden”, heißt es von der “Offenen Nachbarschaft Leipzig-Südwest für Flüchtlinge”, einem unlängst geknüpften Netzwerk von gut 100 Anwohnerinnen und Anwohnern rund um Markranstädter Straße, Zollschuppenstraße und Gießerstraße.

“Flüchtlinge willkommen” haben sie auf ein großes Transparent geschrieben. Damit wolle man dem Meinungsbild aus verschiedenen anderen Stadtteilen bewusst etwas entgegensetzen, erläutert Jonas Özbay von der Initiative beim Pressegespräch in der Zollschuppenstraße in der Nähe des Plagwitzer Bahnhofs das Anliegen.”Leipzig wirkt gerade wie eine total rassistische Stadt nach außen”, fügt Julia Schlesinger an. Da wolle man als direkt Betroffene aktiv werden. Denn in dem Doppelhaus Markranstädter Straße 16/18 sollen voraussichtlich ab dem Herbst 2013 bis zu 45 Flüchtlinge wohnen.

“Wenn sie herkommen, sind sie gern willkommen”, sagt der junge Arzt Jonas Özbay als Nachbar zu den künftigen Nachbarn in der Markranstädter Straße. Man mache jetzt schon viel zusammen in der überwiegend jungen Nachbarschaft, fügt Julia Schlesinger an, und in diese Nachbarschaft wolle

man auch die Flüchtlinge integrieren.Das ist in der Tat der Gegenentwurf zu Initiativen in anderen Stadtteilen. Ganz unabhängig davon, ob das Ursprungskonzept in allen Details sachgerecht war. Es waren viele Nimbys zu vernehmen. Was ein Begriff aus der angelsächsischen Soziologensprache ist und für “Not in my backyard” steht. Denn gerade im eigenen Kiez respektive Hinterhof könne die grundsätzliche erforderliche Unterbringung von Asylsuchenden eigentlich überhaupt nicht stattfinden, war da oft zu hören.

“Mitgefühl mit Menschen, die fliehen oder auswandern müssen, darf nicht vor der eigenen Haustür aufhören”, unterstreicht hingegen Ida Persson, Pressesprecherin der Plagwitzer Initiative. “Wir wünschen uns, dass die Stadt Leipzig das vorgelegte Konzept beschließt, aber nicht bei diesem ersten Schritt stehen bleibt”, so die junge Frau, die aus Schweden nach Leipzig kam, weiter.

Die Offenheit für Flüchtlinge verbinden die jungen Plagwitzer mit Forderungen an die Stadtverwaltung. “Wir freuen uns auf unsere neuen Nachbarinnen und Nachbarn und sind gerne bereit, zu unterstützen, wo es uns möglich ist”, erklärt Anita Selz für das Bündnis, “die Stadt darf sich aber nicht auf die engagierten Anwohnerinnen und Anwohner verlassen und sich aus ihren ureigenen Aufgaben zurückziehen.”

Konkret geht es den Anwohnern um die Einbindung der Nachbarschaft und vor allem auch der zukünftig im Haus wohnenden Flüchtlinge in die Gestaltung der Markranstädter Straße 16/18. Darüber hinaus fordern sie eine angemessene und qualifizierte sozialarbeiterische Beratung und Unterstützung der Flüchtlinge. Schließlich setzen sie auf ein Sicherheitskonzept, das die Bewohnerinnen und Bewohner schützt, aber nicht kontrolliert und überwacht, wie es heißt. “Stacheldraht und Kameras werden wir in unserer Nachbarschaft nicht zulassen”, so die Ansage der Plagwitzer.

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