Das war dann einfach nur noch dreist, was das Leipziger Amt für Umweltschutz am Mittwoch, 7. Mai, meldete: "Öffentliches Auwald-Forum fällt aus". Als wenn es nur irgendein Forum wäre und nicht schon das Ergebnis eines heftigen Kuhhandels der Leipziger Verwaltung mit dem Leipziger Stadtrat. Denn dieses Auwaldforum war das Zugeständnis dafür, dass über den Antrag der Fraktionen von SPD und CDU zum Stopp des Neubaus des Nahlewerks nicht abgestimmt wurde.

Doch kaum eine Woche vorm angesetzten Termin vermeldete das Amt für Umweltschutz: “Das für den 13. Mai im Neuen Rathaus geplante Auwaldforum ‘Auwald braucht Wasser’ fällt wegen Verhinderung eines maßgeblichen Partners aus. Weitere Informationen sind erhältlich unter der Rufnummer 0341 123-6711, im Internet unter www.leipzig.de/uiz sowie dienstags und donnerstags von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr im Umweltinformationszentrum, (Technisches Rathaus, Prager Straße 118 – 136, Haus A.II, Fußgängerbereich).”

Einer der maßgeblichen Partner, die kurzfristig abgesagt hatten, war just die Landestalsperrenverwaltung, die den Neubau des Nahleauslassbauwerkes im Jahr 2013 beantragt hatte. Oder genauer: dessen naturschutzrechtliche Genehmigung. Das Leipziger Umweltamt aber sah keinen Grund, für das Bauwerk, das sichtlich dem Auwald in der Burgaue das Wasser abgräbt, irgendeine Auflage zu machen. Ist doch nur ein Neubau an alter Stelle. Doch als dann Stadträte von SPD und CDU sich die Baustelle vor Ort anschauten, sahen sie, dass dieses Sperrwerk direkt eingreift in den Wasserhaushalt der Burgaue. Da hilft auch kein Verweis auf das Projekt “Lebendige Luppe”. Hier hätte es zumindest eine naturschutzrechtliche Betrachtung geben müssen.

Also stellten sie im November den Antrag zu sofortigen Stopp des Bauwerkes. Aber dergleichen interessiert Verwaltungen ja nur bedingt. Im Januar begann die Landestagsperrenverwaltung einfach zu bauen. Der Antrag von SPD und CDU wurde vom Stadtrat wieder in den Ausschuss verwiesen. Im Frühjahr gab es dann das Angebot der Verwaltung, statt eines Neubaustopps ein Auwaldsymposium durchzuführen. Dem stimmte dann der Stadtrat im März zu. Vom Rednerpult aus sagte Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) dann die denkwürdigen Worte: “”In einer am Wasser gelegenen Großstadt wie Leipzig kann es schon einmal zu einer Konkurrenz zwischen Naturschutz und Hochwasserschutz kommen.”

Und gestand damit ein, wie diese zweigleisige Politik in seinem Dezernat seit Jahren praktiziert wird – zweigleisig. Jeder macht seins. Die Stadt Leipzig, als zuständige Umweltbehörde, lässt die Landestalsperrenverwaltung machen, was sie will. Da können reihenweise Naturschutzbestimmungen zu den geschützten Gebieten des Auwaldes passieren – der Stadt ist es egal.

Eine Chance, so sahen es auch die Stadträte, wäre jetzt endlich die offene Diskussion mit der Talsperrenverwaltung. Denn dass Hochwasserschutz und Naturschutz in Konflikt kommen, “passiert eben nicht einfach so”. Es passiert, weil es niemanden gibt in der Verwaltung, der die Konflikte überhaupt wahrnimmt und im Vorfeld Lösungen sucht. Genau so sah es im März auch SPD-Stadtrat Mathias Weber: “Das Konzept Lebendige Luppe und das Nahleauslassbauwerk müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Eine vitale Auenlandschaft ist aber nicht bloßer Naturschutz, sie trägt auch zu einer positiven Stadtentwicklung bei.”

Er ist jetzt entsprechend sauer über die kurzfristige Absage des geplanten Auwald-Forums “Auwald braucht Wasser” am 13. Mai.

“Der Stadtrat hat die Stadtverwaltung beauftragt, im Rahmen der Naturschutzwoche ein Auwaldforum durchzuführen, in dem eine Reihe von Referenten eingeladen worden sind. Es steht in keinem Verhältnis, das ganze Forum abzusagen, nur weil zwei Referenten vom Freistaat Sachsen ausfallen”, kritisiert Mathias Weber, der für die SPD auch Mitglied im Fachausschuss Umwelt und Ordnung ist. “Festzuhalten bleibt: Die Landestalsperrenverwaltung (LTV), verantwortlich für den Teilaspekt Hochwasserschutz, macht mit ihrer Diskussionsverweigerung wiederholt eine schlechte Figur. Wenn sich eine LTV nur für einen Teil des Wasserhaushaltes interessiert, so ist das bedenklich. Es gibt nach wie vor einen enormen Diskussionsbedarf über die Einbindung der Nordwestaue in das Projekt Lebendige Luppe. Die Stadt ist und bleibt verantwortlich für den Leipziger Auwald.”

Der Antrag von SPD und CDU:
www.l-iz.de/html/downloads/Antrag-CDU-V-a-475.pdf

Der Verwaltungsstandpunkt:
www.l-iz.de/html/downloads/V-a-475-vsp.pdf

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