Was in der Burgaue scheinbar nicht möglich ist, in der südlichen Aue soll es sogar schon 2016 Gestalt annehmen. Nicht gleich mit einem völlig abgebauten Deich. Aber mit einem richtigen Flutungsregime im Bereich Ratsholz und Probstei. Die Leipziger kennen das Pilotprojekt dazu schon - die Flutung von ungefähr 5 Hektar Auwald nach jeder Winterschmelze.

Dazu wird in der Probstei jedes Jahr im Frühjahr die mittlere Paußnitz angestaut. Und das seit 1993. Die Stadt Leipzig hat mittlerweile eine ganze Menge Daten damit sammeln können und kann auch belegen, dass diese kleine Flutung den Auwald schon sichtlich verändert. Aber dabei soll es nicht bleiben, denn es ist nach wie vor eine künstliche Flutung, die – wie vor zwei Jahren – auch mal ausbleiben kann, wenn einfach mal der Sperrschieber gestohlen wird. Schon seit geraumer Zeit wird auch in Leipzig darüber nachgedacht, den südlichen Auwald wieder an das natürliche Wasserregime der Weißen Elster anzuschließen und / oder eine Dauerbeschickung der Unteren Paußnitz zu bewerkstelligen, so dass jederzeit wieder Wasser in die Aue fließt.

Beim Auwald-Forum am 10. Juli beschäftigten sich gleich zwei Vorträge mit dem Thema. Axel Schmoll, Mitarbeiter im Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig, berichtete in seinem Vortrag “Dynamische Aue – ein Wiedervernässungsprojekt in der Leipziger Südaue”, über die Pläne der Stadt, die Untere und die Neue Paußnitz dauerhaft an die Obere Paußnitz anzuschließen. Dazu soll ein neues Verbindungsgerinne geschaffen werden, über das dann dauerhaft Wasser in die Untere Paußnitz fließt. Die Paußnitz befindet sich etwas westlich der Pleiße und mäandert noch recht natürlich durchs Grün. Der Vorteil des Projekts, so Scholz, ist natürlich, dass man damit wieder ein leicht durchströmtes Gewässer bekommt – das sich deutlich vom einfachen Einstau des Winterhochwassers unterscheidet. Dabei will man über ein Steuerbauwerk auch die Aufteilung des Wassers zwischen der Neuen und der Unteren Paußnitz regeln.Mit dem Regeln der Wasserzuflüsse will man auch eine Art natürlicher Wasserschwankungen simulieren, wie sie für Auen typisch sind. Die Genehmigungsplanung ist fertig, vermeldete Schmoll. Das Genehmigungsverfahren soll möglichst noch 2014 eingeleitet werden und im Winter 2015/2016 könnte dann gebaut werden.

In seinem Vortrag wies Schmoll auch auf das Parallelprojekt hin, das jetzt in der Regie der Landestalsperrenverwaltung liegt: die “Durchörterung” des Deiches am Elsterflutbett. Über dieses Projekt hatten zuvor schon Markus Freygang und Paul Maischner aus Sicht der Landestalsperrenverwaltung berichtet.

Beide gingen auf die Vorgeschichte des Plans ein. Immerhin hatte man durchaus ernsthaft untersucht, ob man die Deiche am Elsterflutbett nicht einfach komplett öffnen und entfernen könnte. Deich weg – freier Fluss für jedes Hochwasser rein in die Aue. Doch die Modellierungen zeigten dann, dass dieser Weg nicht gegangen werden kann, denn größere Hochwasser würden dann nicht nur ungebremst in die Aue hineinlaufen, sondern auch darüber hinaus. Mindestens bis zur B 2. Und weil der Damm der B 2 mehrere Durchbrüche hat, würde das Wasser auch noch weiter strömen. Dasselbe Problem gäbe es im Süden der Aue. Dort wären die Sportplätze an der Neuen Linie betroffen und noch weiter südlich der Tierpark, das Klärwerk von Markkleeberg – und möglicherweise würde das Wasser auch bis an den Bahndamm im Süden reichen, der nicht als Deich gedacht ist. Das Mindeste, was man machen müsste, wäre der teure Neubau zahlreicher neuer Deiche.Aber der rechte Deich am Elsterflutbett hat sowieso ein Problem: Für ein Bemessungshochwasser für Leipzig ist er aus Sicht der Landestalsperrenverwaltung (LTV) zu niedrig. Für ein HQ 150-Hochwasser, gegen das Leipzig ja geschützt werden soll, müsste er also erhöht werden. Aber das würde auch nicht helfen: Bei einem “Kronenstau”, so Freygang und Maischner, wäre der Deich auch nicht mehr standfest. Man hatte also die Wahl zwischen einem teuren Komplettneubau und einem Komplettrückbau des Deiches.

Und wie das so ist im Leben: Bei Modellierungen stellte sich heraus, dass eine Zwischenvariante die beste Lösung wäre: den Deich so zu lassen wie er ist samt Radweg und Baumbewuchs und nur an einer Stelle einen künstlichen Durchbruch herzustellen, so dass “der hinterliegende Auwald bereits bei einem jährlichen Hochwasser mit Elsterwasser versorgt werden kann und der Deich durch den beidseitigen Einstau auch bei großen Hochwasserereignissen nicht versagt”. Da hat sich Mancher im Saal an die ähnliche Gemengelage in der Burgaue erinnert gefühlt: Auch das Nahleauslasswerk muss ab einem HQ 25 geöffnet werden, um die Standsicherheit der linken Luppedeiche zu gewährleisten.

Beim Auwald-Forum zeigten Freygang und Maischner auch eine Karte, auf der die Überflutung in Probstei und Ratsholz bei einem HQ 150 dargestellt wurde. Das, was die Leipziger 2013 erlebten, war so ein HQ 150, ein Hochwasser, wie es statistisch aller 150 Jahre vorkommt. Die Überflutungsfläche reicht – wenn man die einfache Deichdurchörterung herstellt – im Süden zwar bis ans Pfarrholz, reicht aber nicht bis zum Floßgraben hinüber. Ein großer Teil des Ratsholzes bekäme Wasser und auch die Probstei. Sie würde sogar bis zur Pleiße hin überschwemmt. Die Pleiße selbst wäre bei einem HQ 150 praktisch die Ostgrenze der Überschwemmung. In Höhe des Connewitzer Wehrs verläuft im Auwald ein Damm, der die Flutung aufhalten würde, so dass der Beipert im wesentlichen trocken bliebe. Mit Betonung auf “im wesentlichen”. Denn bei jedem Hochwasser drücken die Wassermassen natürlich auch übers Grundwasser hoch.

So weit Axel Schmoll beim Auwald-Forum informierte, hat die Landestalsperrenverwaltung die Unterlagen zur Planfeststellung für die “Deichdurchörterung” schon bei der Landesdirektion eingereicht. Für die LTV gilt dieses Projekt in der südlichen Aue genauso als Ausgleichmaßnahme für die 2011 im Leipziger Auwald gefällten Bäume wie das ebenfalls beim Auwald-Forum diskutierte Projekt der gesteuerten Flutung der Elster-Luppe-Aue hinter Lützschena.

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