Manche Antworten will man vielleicht gar nicht so hören, auch nicht, wenn man ein fleißiger CDU-Stadtrat ist wie Konrad Riedel, der sich des neu gestalteten Huygensplatzes in Möckern direkt an der Arbeitsagentur angenommen hat. Denn nun gibt auch das Dezernat Stadtentwicklung und Bau zu, dass bei der Platzgestaltung am Ende die Polizei das letzte Wort hatte. Und deswegen wird auch nichts geändert.

Um eine attraktive, zum Aufenthalt einladende Gestaltung ging es vielleicht mal ganz am Anfang. Aber dann begannen die Ämter, sich über ihre gegenseitigen Nöte auszutauschen. Und eine Not ist ja nun einmal die gleich angrenzende Arbeitsagentur mit dieser seltsamen, nicht einschätzbaren Klientel. Also fragte man lieber die Polizei. Das ganze behördliche “Ich-entscheide-hier-nichts”-Dilemma steckt in der Antwort auf diese Frage von Konrad Riedel: “Wie bewertet die Stadtverwaltung anhand bisher genannter Erfahrungen die Nutzerfreundlichkeit der Sitzgelegenheiten insbesondere für Senioren und Behinderte?”

Die Antwort des Planungsdezernats: “Die Sitzgelegenheiten wurden mit einer Sitzhöhe von 43 cm ausgestattet. Dies entspricht den Anforderungen für ältere Personen. Die Gestaltung der Bänke wurde mit allen erforderlichen Ämtern, aber auch der Polizeidirektion, abgestimmt. Dabei hat die Polizeidirektion Bedenken vorgetragen, dass ein bestimmtes Klientel die Bänke für Dauernutzung auswählt. Die Polizeidirektion hat deshalb gefordert, ganz auf Bänke zu verzichten. Der Verzicht auf die Lehnen stellt insofern einen Kompromiss zwischen verschiedenen Positionen dar.”

Hätte man nicht die Polizei gefragt, sondern vielleicht den Familienverband oder den Seniorenverband, hätte die Antwort vielleicht auch geheißen: Die Bänke könnten zur Dauernutzung einladen. Aber die Folgerung wäre eine andere gewesen: Stellt bitte deutlich mehr Bänke hin – und zwar alle mit Lehnen. Damit alle sitzen können.

Die Antwort sagt also sehr viel über die Weltsicht der Leipziger Verwaltung aus. Und weil man sich so mit Polizeihilfe zu einer “Kompromiss”-Haltung hingeschaukelt hat, gibt es aus Verwaltungssicht keinen Grund, irgendetwas zu ändern.

Konrad Riedel: “Welche Nachbesserungsmöglichkeiten für mehr Nutzerfreundlichkeit gibt es?”

Die Verwaltung: “Eine Nachbesserung ist derzeit nicht vorgesehen, da die derzeitige Gestaltung aus den oben genannten Gründen gewählt wurde. Unabhängig davon, stellt sich eine Nachbesserung der Ausstattung mit Lehnen bei diesen Bänken, welche aus Granitblöcken hergestellt sind, als problematisch dar.”

Wie nennt man das? – Ein amtliches “Ätsch” für den neugierigen Stadtrat?

Der hatte sich ja auch durch die Kunstaktion der”Federation of Urban Imagination” auf dem Huygensplatz so ein bisschen Belebung für den Platz erhofft. Drum fragte Riedel ja auch, ob die Kunstaktion vielleicht durch die Stadt finanziell gefördert wurde?

Klare Ansage der Verwaltung: “Die o. g. Akteursgruppe hat keinen Antrag auf Förderung bei der Stadt Leipzig gestellt und erhält keine finanzielle Unterstützung für Ihre Kunstaktion.”

(Anmerkung der Reaktion: Ein kleiner Tippfehler am Satzende sorgt vielleicht für Verwirrung. Es muss “ihre Kunstaktion” – nicht “Ihre Kunstaktion” – heißen, denn nicht Konrad Riedel hat hier Kunst gemacht, sondern die “Federation of Urban Imagination”.)

Konrad Riedel weiter: “Wie bewertet die Stadtverwaltung die Erfolgsaussichten dieser temporären Aktionen?”

Die Verwaltung in reinstem Marketing-Deutsch: “Die Belebung und Aktivierung des öffentlichen Raums entlang der Georg-Schumann-Straße ist ein besonderes Anliegen der Stadt Leipzig und Bestandteil im Integrierten Handlungskonzept zur Georg-Schumann-Straße. Auch hier steht die Frage im Raum: Wer macht den Anfang? Wer setzt Impulse und Trends zur Aktivierung der Nachbarschaft? Diese Impulse gehen maßgeblich von Menschen aus, die durch ihr Verhalten, durch ihre Aktivitäten oder durch ihre Anwesenheit u. a. auf dem ‘Huygensplatz’ Vorbildwirkung haben können und dadurch Verhaltensmuster aufbrechen, andere mitziehen und beeinflussen. Insofern begrüßen wir vielfältige private Nutzungs- und Aktivierungsideen im öffentlichen Raum der Georg-Schumann-Straße, wie sie u. a. im Rahmen der ‘Nach(t) der Kunst’ umgesetzt werden und laden Sie herzlich ein, sich zu beteiligen und Ihre Ideen einzubringen.”

Diese Schönrederei kommentieren wir hier mal nicht.

Aber auch der Wochenmarkt auf dem Platz funktioniert nicht ganz so, wie sich das die Träumer im Amt anfangs mal ausgemalt haben.

Konrad Riedel: “Wie soll der Wochenmarkt weitergehen?”

Die Verwaltung: “Aktueller Stand der Planung ist, dass der Wochenmarkt mit seinen jetzigen Öffnungszeiten, Dienstag und Donnerstag von 9-16 Uhr, ganz normal fortgeführt wird. Das Marktamt und die Händler hätten sich zum jetzigen Zeitpunkt zwar etwas höhere Umsätze auf dem neuen Wochenmarkt Huygensplatz gewünscht, sind aber zuversichtlich, was die weitere Entwicklung betrifft. Das neue Angebot muss sich noch weiter herumsprechen, nach einem halben Jahr Laufzeit ist der Standort noch nicht optimal angenommen. Die Einkaufsgewohnheiten der Menschen vor Ort sind noch nicht ausreichend angepasst. Falls in den nächsten Wochen jedoch ein negativer Trend absehbar wird, so besteht die Möglichkeit den schlechteren Markttag aufzugeben und künftig nur noch an einem Wochentag am Huygensplatz den Wochenmarkt zu veranstalten.

Alternativ wäre auch denkbar, den zweiten Markttag im Stadtteil Möckern zu belassen und an den neu gestalteten Möckernschen Markt/Knopstr. zu verlagern. Das muss unter Berücksichtigung der eingesetzten Ressourcen jedoch gut überlegt sein.”

Also war der Wochenmarkt auf dem Huygensplatz nicht gut überlegt? – Im Grunde gibt das die Verwaltung mit diesen Ausflüchten zu.

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Und wie sieht es mit den Nachbesserungen aus? Immerhin kamen ja noch ein paar Verkehrsschilder auf den Platz, die vorher nicht da waren.

Konrad Riedel: “Wie hoch sind die Ausgaben für Nachbesserungsmaßnahmen am umgestalteten Huygensplatz, z. B. Parkverbotsschilder?”

Die Verwaltung: “Gemäß einer verkehrsrechtlichen Anordnung wurden an den Einmündungen Huygensstraße/Georg-Schumann-Straße und Huygensstraße in Richtung Seelenbinderstraße zusätzlich je ein eingeschränktes Halteverbot aufgestellt. Diese Maßnahme verursachte Kosten in Höhe von 182,62 ?. Nachbesserungen in einer gewissen Größenordnung gibt es im Übrigen bei fast jeder Planung. Sie sind kein Indiz für eine ‘eher unbefriedigende Umgestaltung’, wie Sie formulieren.”

Das sind dann ein paar Antworten, bei denen man förmlich schon spürt, dass sie den engagierten Stadtrat der CDU erst recht auf die Palme bringen. Behörden merken oft gar nicht mehr, wann sie kränken und den Fragestellern das Gefühl geben, dass sie mit ihrem Wunsch nach einer ehrlichen Antwort nerven.

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