Es gibt Beschlüsse im Leipziger Stadtrat, bei denen sind fast alle überzeugt, dass sie goldrichtig sind. So entschied der Leipziger Stadtrat am 8. Juli zum Beispiel kurzerhand für einen Änderungsantrag der Linksfraktion, einen Abschnitt der Lützner Straße in Bowmanstraße umzubenennen, um "den letzten Toten des Krieges" (so der Titel des berühmten Capa-Fotos) mit einem Straßennahmen zu ehren. Aber das ging augenscheinlich zu schnell.

Denn eingereicht hatte die Linksfraktion den Änderungsantrag zum neuesten Straßenumbenennungsprogramm der Stadtverwaltung erst am 2. Juli.

Die Zeit bis zur Ratsversammlung reichte zwar aus, dass die Verwaltung lang und breit eine Stellungnahme schreiben konnte, in der sie den Antrag rundweg ablehnte. Aber sie reichte nicht aus, um die vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren einzuhalten. Übergangen fühlte sich der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Altwest. Am 31. August ging er in Widerspruch.

Diskutiert hatte das zwölfköpfige Gremium über das Thema am 26. August.

Im Protokoll der Sitzung ist in Kürze der fluffige Dialog niedergelegt, der damals passierte.

Peter Dütthorn als Entsandter der Verwaltung führte ins Thema ein: “Der Stadtrat hat im Juli beschlossen, dass ein Teil der Lützner-Str. in Bowman-Str. umbenannt werden soll. Das ist rechtswidrig, da bei Straßenumbenennung immer der SBB angehört werden muss. Auch in der Verwaltung wurde die Umbenennung abgelehnt. Wie will sich der SBB dazu verhalten?”

Christoph Jabs (SPD): “Das Verfahren geht nicht, das ist ein Verfahrensfehler.”

Georg Teichert (SPD): “Das ist ein rechtswidriger Beschluss, denn es stellt eine Verletzung der Beteiligungsrechte dar.”

Eric Buchmann (CDU): “Es gibt keine inhaltlichen Mängel, aber Verfahrensmängel. Von wem ist der Antrag?”

Peter Dütthorn: “Von Herrn Schlegel (Die Linke). Dann wird der SBB Widerspruch gegen den Beschluss einlegen und der Oberbürgermeister müsste das dann kassieren.”

Mehr eigentlich nicht. Es sitzen übrigens auch vier Mitglieder der Linken im Stadtbezirksbeirat-Altwest. Aber die meldeten sich augenscheinlich nicht zu Wort.

Also ging der Einspruch an die Stadt. Aber wie geht man damit um, wenn nun schon die Stadtratsmehrheit zugestimmt hat, den Straßenabschnitt nach dem am 18. April 1945 erschossenen Soldaten Raymond J. Bowman zu benennen?

Man macht einen Doppelantrag draus, der nun wieder in den Stadtrat geht. Mit Punkt 1 wird der Beschluss vom 8. Juli wieder aufgehoben, damit das geregelte Verfahren eingehalten werden kann. Der Stadtbezirksbeirat in Altwest soll sich nun am 2. Dezember mit dem Thema beschäftigen und seine Stellungnahme formulieren. Und dann kann Punkt 2 der neuen Vorlage beschlossen werden: “Der Abschnitt der Lützner Straße zwischen Jahnallee und Zschochersche Straße (Stadtbezirk Alt-West, Ortsteile Lindenau und Altlindenau) wird in Bowmanstraße umbenannt.”

Die Begründung zur neuen Vorlage.

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