Manchmal liebt man sie einfach dafür, dass sie sich um das verkniffene Denken der Bürokraten nicht kümmern und einfach aus dem Bauch heraus entscheiden und beantragen: die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat. Denn warum soll man einen Bebauungsplan ändern, bloß weil ein paar obskure Bürokraten ausgerechnet das hässliche Gästehaus am Clara-Zetkin-Park unter Denkmalschutz gestellt haben?

Im Dezember hat das Planungsdezernat eine entsprechende Vorlage ins Verfahren gegeben: „Begründung zum Bebauungsplan Nr. 23.1 ‘Musikviertel Süd’ 2. Änderung (Aufstellungsbeschluss)“. Das Musikviertel hat seit 2001 einen gültigen Bebauungsplan. Eine Änderung war gar nicht nötig. Wurde aber nun doch irgendwie nötig, weil im Jahr 2013 die Denkmalschutzbehörde das alte, ramponierte Gästehaus des Ministerrats der DDR unter Denkmalschutz gestellt hat.

Das stand so konkret nicht in der Vorlage. Da mussten auch die Ratsfraktionen erst mal nachfragen und waren dann baff, was die Verwaltung dann per 7. Januar erklärte: „Der bis heute gültige B-Plan hat für das Teilgebiet des Gästehauses ein Hotel als Baukörper und in der Nutzung festgesetzt. Ohne eine Änderung des B-Planes wäre daher an dieser Stelle nur ein Hotel, in einer zudem festgelegten Kubatur (Volumen eines Bauwerks), zulässig. – Durch die in 2013 erfolgte Einstufung des Gästehauses als Denkmal besteht nun jedoch ein Widerspruch zwischen der 2001 erfolgten Festlegung auf einen Hotelneubau und dem jetzt bestehenden Schutzstatus des Denkmals. Das Erfordernis der 2. Änderung des Bebauungsplanes begründet sich daher insbesondere daraus, dass der Ursprungsbebauungsplan mit seinen planerischen Vorgaben für eine komplette Neubebauung nicht mehr umgesetzt werden kann. Vor dem Hintergrund des Denkmalerhalts ist der Ursprungsbebauungsplan nicht mehr umsetzbar. Eine Klage- und Entschädigungsgrundlage entsteht nach Auffassung der Stadt dadurch nicht.“

Heißt: Hotelneubau war auch im alten B-Plan möglich. Mit der Änderung soll aber die Bausubstanz des alten Gästehauses erhalten werden.

Klotz bleibt Klotz: Anblick von der Schwägrichenstraße aus. Foto: Ralf Julke
Klotz bleibt Klotz: Anblick von der Schwägrichenstraße aus. Foto: Ralf Julke

Aber man kann sich den Klotz anschauen von allen Seiten: Es bleibt ein langweiliger Klotz. In den sächsischen Denkmalschutzbehörden geht es ja zuweilen geradezu seltsam zu. Da scheint es eine Menge Leute zu geben, die sich gar nicht vorstellen können, dass die klotzigen Ergebnisse der DDR-Baukunst wieder aus dem Stadtbild verschwinden könnten. Dass 2013 auch noch das Gästehaus am Park, das jetzt über 25 Jahre keinen einzigen Investor gereizt hat, es wieder als Hotel herzurichten, unter Denkmalschutz gestellt wurde, erschließt sich der CDU-Fraktion nicht ansatzweise.

Man liest regelrecht die Verzweiflung heraus aus dem Antrag der Fraktion, das Teilgebiet mit dem ramponierten Gästehaus einfach aus dem Bebauungsplan auszugliedern und eben nicht einfach durch eine amtliche Anpassung dafür zu sorgen, dass der hässliche Klotz nun für alle Ewigkeiten da stehen bleibt.

„Die Entscheidung, einen derart trivialen Plattenbau wie das ehemalige Gästehaus am Park unter Denkmalschutz zu stellen, ist für uns völlig unverständlich. Weder ist uns eine nachvollziehbare Begründung vom zuständigen Landesamt bekannt, noch konnte uns die Stadtverwaltung diese Entscheidungsgründe verständlich machen“, heißt es in der Begründung zum CDU-Antrag. „Vordergründig ist das Bauwerk in seinem jetzigen erbärmlichen Zustand ein Schandfleck für den Stadtteil. – Aber: auch eine denkmalgerechte Sanierung würde nichts daran ändern, dass sich dieses Bauwerk in keiner Weise in das städtebauliche Umfeld einfügt. Dies gilt insbesondere für das Maß der baulichen Nutzung und für die überbaute Grundstücksfläche. Die Unterschutzstellung droht nun, diesen unbefriedigenden städtebaulichen Zustand dauerhaft zu verfestigen.“

Und als Appell ans Planungsamt: „Die Stadt Leipzig sollte diese Entwicklung nicht noch durch ihre eigene Bauleitplanung befördern. Vielmehr sollte das betreffende Areal aus dem Gebietsumgriff des Bebauungsplans Nr. 23.1. herausgelöst werden. Es ist dann Sache des Eigentümers, gemeinsam mit den zuständigen Behörden eine solche Lösung zu finden, die eine stadtteilverträgliche und umfeldgerechte Bebauung nach § 34 BauGB ermöglicht.“

Denn Fakt ist: Wenn die Landesdenkmalbehörden selbst triviale Bauwerke der DDR-Architektur unter Schutz stellen, die sich für eine neue Nutzung schlicht nicht eignen, sorgen sie für städtebaulichen Stillstand und die Betonierung eines Zustands, mit dem niemand zufrieden ist. Und vor allem verschwindet so nach und nach jeder Maßstab dafür, was wirklich ein erhaltenswertes Denkmal ist und was nur das Lieblingsspielzeug eingefleischter Nostalgiker. Und einfach die Tatsache, dass Leute wie Erich Honecker oder Franz-Josef Strauß in dem Profanbau übernachteten, macht aus der 08/15-Architektur nun wirklich kein schützenswertes Kleinod.

Die Vorlage der Stadtverwaltung.

Der Antrag der CDU-Fraktion.

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Es gibt 2 Kommentare

Der Denkmalcharakter wurde vom zuständigen Landesamt für Denkmalschutz festgestellt und dieser ergibt sich nicht aus dem aktuellen Zustand eines Objektes. Eine antike Statue ist auch immer noch eine antike Statue, wenn ihr beide Arme fehlen. Daran, dass das Gebäude als Denkmal in die sächsische Denkmalsliste eingetragen wurde, ändert es überhaupt nichts, die Fläche auf der es steht aus einem B-Plan auszugliedern. Was der Eigentümer mit dem Gebäude tun kann, regelt sich auch dann weiter nach Denkmalrecht und nicht nach §34 BauGB. § 34 trifft Regelungen zur Zulässigkeit von Bauvorhaben, nicht zum hier gewollten Abbruch. Die Abbruchmöglichkeit eines Denkals richtet sich allein nach den Regelungen des Denkmalrechtes und weder nach §34 noch nach einem B-Plan. Könnte es denkmalrechtlich abgebrochen werden, stünde dem auch kein B-Plan entgegen. Soviel Ahnungslosigkeit kann tatsächlich nur aus dem Bauch kommen. Von Stadträten würde man allerdings deutlich mehr Kopf erwarten. Von der L-IZ mehr Recherche und weniger, “ich find das auch häßlich”.

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