Wer dieser Tage in die vierte Etage des Neuen Rathauses pilgert, kann die Ergebnisse des Städtebaulichen Wettbewerbs für den neuen Schulcampus an der Ihmelsstraße besichtigen. Der Wettbewerb ist entschieden, die RBZ Generalplanungsgesellschaft mbH aus Dresden hat das Rennen gemacht. Und wenn der Stadtrat zustimmt, kann 2017 endlich mit diesem Schulquartier begonnen werden. Wirklich endlich. Das Projekt hat schon einen langen Vorlauf.

Zehn Jahre kommen locker zusammen. Da waren es die Akteure im Leipziger Osten, die die Schaffung eines Gymnasiums im Brennpunktquartier gefordert hatten. Raus aus der Stigmatisierung, rein in bessere Bildungschancen für die Kinder des Quartiers. Und ein Gymnasium vor der Nase mit eigenem Profil – das kann anspornen.

Die Entscheidung im Stadtrat fiel dann anders aus. Das Gymnasium kam erst mal nach Schönefeld.

Der Osten ließ nicht locker. Denn nicht nur ein Gymnasium fehlt im wachsenden Quartier. Der Bedarf nach einer weiteren Oberschule ist noch viel größer. Die Stadt musste suchen. Und sie fand: die alte Bürgerschule an der Ihmelstraße, die einstige Hermann-Liebmann-Oberschule. Das ist noch knapp im Fördergebiet Leipziger Osten. Und das Gelände bietet die Chance, hier etwas zu bauen, was in Leipzig so langsam zu einem zukunftsweisenden Modell wird: einen richtigen Schulcampus mit zwei verschiedenen Schultypen – Gymnasium und Oberschule.

Ähnliches gibt es bislang erst mit dem FRANZ, dem Deutsch-Französischen Bildungszentrum an der Tarostraße. An der Sebastian-Bach-Straße entsteht das „forum thomanum“ und in Grünau hegt die Stadt Pläne für einen Grünauer Bildungscampus.

An der Ihmelsstraße hat man zusätzlich noch den Weg gewählt, den Schulcampus zum Wohngebiet hin zu öffnen und eine richtige Quartiersschule draus zu machen, die Ideen aus dem Leipziger Osten also auch an dieser Stelle aufzugreifen. Das waren dann schon eine Menge Aufgaben für die acht Architekturbüros, die sich am städtebaulichen Wettbewerb beteiligt haben. Am Ende hat die Jury zwei dritte und einen ersten Preis vergeben.

Blick von Süden über den geplanten Campus (von unten beginnend): Sporthalle(n), Gymnasium, Oberschule und (hinter dem Gebäude der einstigen Bürgerschule) das Gebäude für Speisesaal und Quarierszentrum und etwas rechts davon die künftige Stadtbibliothek. Foto: Ralf Julke
Blick von Süden über den geplanten Campus (von unten beginnend): Sporthalle(n), Gymnasium, Oberschule und (hinter dem Gebäude der einstigen Bürgerschule) das Gebäude für Speisesaal und Quartierszentrum und etwas rechts davon die künftige Stadtbibliothek. Foto: Ralf Julke

„Der von der Jury zur Umsetzung empfohlene Entwurf der Dresdener Generalplanungsgesellschaft RBZ und des Dresdener Büros Storch Landschaftsarchitektur wird den umfangreichen Anforderungen der Planungsaufgabe gerecht“, betonte Baubürgermeisterin Dorothee Dubrau am Donnerstag, 4. August, als die Ausstellung mit den Wettbewerbsergebnissen in der 4. Etage des Neuen Rathauses eröffnet wurde. „Hervorzuheben sind vor allem die gelungene Verknüpfung von stadtteilöffentlicher Nutzung und Schule, die gut gestalteten Übergänge und Anknüpfungsmöglichkeiten an die benachbarte Kleingartenlandschaft und den Parkbogen Ost sowie die gute Erschließung der beiden Schulen. Der Entwurf bezieht vorbildlicherweise den denkmalgeschützten Baukörper der alten Hermann-Liebmann-Schule in das neue Ensemble ein.“

„Mit dem Campus Ihmelsstraße wird ein wichtiger Impuls für die Bildungslandschaft im Leipziger Osten gegeben. Hier sollen formale und nonformale Bildungsangebote an einem Standort verknüpft werden. Zudem schaffen wir mit dem Vorhaben dringend benötigte Plätze an weiterführenden Schulen. Der überzeugende Siegerentwurf des Wettbewerbs bietet eine gute Grundlage dafür, dass der Schulstandort auch eine attraktive Ausstrahlung in die Gesamtstadt entwickeln wird“, ergänzte Sozialbürgermeister Thomas Fabian.

Den neuen Campus bilden im Wesentlichen die vierzügige Oberschule und das ebenfalls vierzügige Gymnasium sowie zwei für den Schulsport erforderliche, auch Vereinen offen stehende Dreifeldsporthallen. Das Besondere bei den Sporthallen: Für die beiden Hallen wird ein zweistöckiger Neubau im Südteil des Geländes zwischen Bernhard- und Karl-Vogel-Straße errichtet, und zwar eine Sporthalle über der anderen. Platzsparend. Noch weiter südlich gibt es noch einen Sportplatz.

Die Bernhardstraße, die heute noch die Krönerstraße überquert, wird künftig gekappt. Der Platz wird gebraucht. Genauso wie der Platz, den heute noch ein Altstoffsammelplatz der Leipziger Stadtreinigung einnimmt. Der muss verlegt werden. Und Tränen gab es bei den 100 Besitzern der Garagen auf diesem städtischen Gelände: Ihre Pachtverträge werden gekündigt, sie bekommen eine Abfindung, aber keine neuen Stellplätze durch die Stadt.

Den Unmut machten dann einige der älteren Garagenbesitzer beim Pressetermin auch deutlich. Aus Sicht von Dorothee Dubrau verständlich. Die wachsende Stadt hat ihren Preis und die Stadt steckt in Sachzwängen, muss, wo es geht, eigene Grundstücke nutzen, um die notwendigen Bauten für Schulen und Kindertagesstätten auf den Weg zu bringen. Da werde es noch einige Opfer geben, gestand sie zu – nicht nur Garagen und Abstellplätze, auch Grünanlagen. Einfach irgendwo neue Grundstücke zu kaufen, das ist nicht mehr darstellbar. Mit dem Wachstum der Bevölkerung sind auch die Bodenpreise kräftig angezogen. Das zusätzliche Geld für den Ankauf hat Leipzig nicht.

Entsprechend kompliziert waren denn auch die Aufgaben an der Ihmelsstraße. Der öffentliche Verkehr auf der Ihmelsstraße zwischen Krönerstraße und Wurzner Straße wird zwar aufgehoben. Aber die Straße selbst bleibt als Wegebeziehung erhalten. „Außerdem befinden sich unter der Straße wichtige Leitungen“, sagt Dubrau. „Die wollten wir nicht verlegen.“

An der Ihmelsstraße steht das imposante Gebäude der einstigen Bürgerschule von 1907. Dieses Gebäude der ehemaligen Hermann-Liebmann-Schule soll auch Kern des neuen Campus werden. An der Stellung des Gebäudes sind alle Neubauten im neuen Campus ausgerichtet, betont Norbert Zimmermann von RZB. Der Entwurf des Dresdner Büros beeindruckte auch deshalb, weil er die offene Einbindung des Stadtquartiers mit gelungenen Freiraumlösungen und der sinnfälligen Möglichkeit verband, hier in Etappen bauen zu können.

Denn im 1. Bauabschnitt sind erst einmal nur 18 Millionen Euro für die Sanierung des alten Schulgebäudes und alle notwendigen Anbauten für die Oberschule gesichert. Der Bau der Doppel-Turnhalle findet auch in diesem Bauabschnitt statt. Ebenso soll direkt an der Wurzner Straße ein separater Bau für Aula und Speisesaal entstehen, in dem aber auch das Quartiersmanagement für den Stadtteil mit unterkommen soll. Es soll also ein multifunktionaler Bau sein, der die Schule direkt mit der Stadtteilarbeit verknüpft.

Das Gymnasium selbst wird dann im zweiten Bauabschnitt errichtet. Da wird dann auch – an der Einmündung der Ihmelsstraße in die Wurzner Straße – noch ein weiteres Gebäude errichtet, in dem künftig die Stadtteilbibliothek ihren Platz finden soll.

Der reaktivierte Schulstandort soll in den Stadtteil ausstrahlen und auch für schulergänzende und nichtschulische Aktivitäten im Quartier Raum bieten, betonte Fabian.

Der siegreiche Entwurf habe die Jury vor allem durch seine städtebauliche Lage, die Maßstäblichkeit der einzelnen Gebäude und die Qualität der angebotenen Freiflächen überzeugt, erläuterte die Baubürgermeisterin. Er schlägt, ausgehend vom bestehenden Schulgebäude, eine Gruppierung einzelner Baukörper vor, die sich als Quadrat- oder Rechteckbaukörper in offener Bauweise entlang der Wurzner- und Krönerstraße entwickeln. Dabei steht das vorhandene Schulgebäude im Mittelpunkt und wird optimal in das Ensemble eingebunden. Die so entstehenden Zwischenräume erzeugen eine aufgelockerte Erscheinung und eine spürbare Vernetzung der vorhandenen Grünräume. Städtebaulich wird eine eigenständig offene Baustruktur zwischen den angrenzenden gründerzeitlichen Blockstrukturen und der sich öffnenden Landschaft formuliert, die eine hohe bauliche Konzentration und Dichte mit einer starken Durchgrünung vereint.

Der Entwurf erzeuge einerseits mit der konsequent rechtwinkligen Anordnung einen starken formalen Zusammenhalt der Gebäude und lässt zugleich ausreichende Spielräume für die konkrete architektonische Ausformung.

Baubeginn für den 1. Bauabschnitt soll 2017 sein, wenn der Baubeschluss jetzt im Stadtrat positiv votiert wird. Ende 2018, vielleicht 2019 soll die neue Oberschule dann ihre Türen öffnen. Das Gymnasium soll dann zwei, drei Jahre später stehen, sagt Fabian.

Und im Zuge des Neubaus soll an der Krönerstraße auch eine neue Haltestelle der LVB gebaut werden. Denn es ist davon auszugehen, dass viele Oberschüler wie auch Gymnasiasten mit der Straßenbahn zur Schule kommen. Andere auch mit Fahrrad. Entsprechend viele Fahrradbügel wird man an der Krönerstraße aufstellen. Parkplätze – etwa für Schüler und Lehrer – eher weniger, betont Dubrau. Und sie kann auch die aufgeregten Garageninhaber nicht beruhigen, die sich seit zwei Jahren schon in die Diskussion um den Schulcampus eingebracht haben, aber noch nicht wissen, wo sie ihre Autos künftig parken können.

Die Ausstellung mit den Wettbewerbsergebnissen ist im Neuen Rathaus in der 4. Etage vor dem Stadtplanungsamt vom 4. bis 26. August zu besichtigen.

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