Es ist ein ewiges Theater: Die Anwohner der Tauchnitzstraße beschweren sich über den gestiegenen Verkehr und den Lärm, der immer mehr wächst. Und die Verwaltung streitet es einfach ab und begründet damit auch die Ablehnung zum Beispiel von Geschwindigkeitsanzeigern. So wie im Juli, als die Verwaltung abweisend auf eine neuere Petition zur Karl-Tauchnitz-Straße reagierte.

Wobei die Haltung der Stadtverwaltung zum Thema rund um die Karl-Tauchnitz-Straße sowieso zuweilen seltsam ist. Jahrelang wurden hier auch die Zebrastreifen am Kreisel um den Herzliya-Platz abgelehnt, obwohl der Kreisel mit seinen Einmündungen als Unfallschwerpunkt bekannt war. Seit die Stadt auf Antrag der Grünen die Zebrastreifen aufgetragen hat, sind die Unfälle deutlich zurückgegangen.

Im Februar erst lehnte die Verwaltung ein Schallschutzfenster-Programm ab, obwohl ein Großteil der Häuser an der Straße gebaut und vermietet wurden, als die Karl-Tauchnitz-Straße noch keine Lkw-Umleitungsstrecke für die Harkortstraße war. Der Verkehr hat sich ganz unüberhörbar verlagert.

Aber natürlich werden auch Petitionsschreiber langsam müde, wenn jede Petition mit immer neuen Argumenten abgelehnt wird. Im Juli ging es um eine Petition, mit der dauerhaft installierte Geschwindigkeitsanzeiger für die Karl-Tauchnitz-Straße gewünscht wurden.

„Von der Petentin werden Hinweise zur Umsetzung des im Mai 2018 gefassten Beschlusses der Ratsversammlung zur ,Petition zum Problem der starken Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastung durch LKW-, Bus- und PKW-Verkehr in der Karl-Tauchnitz-Straße‘ und Vorschläge zu deren Umsetzung gegeben“, schrieb das Dezernat Stadtentwicklung und Bau in seine Stellungnahme, die eher wieder eine Ablehnung war.

„Unter 1. ist die Petentin der Ansicht, der Ratsbeschluss beinhaltet die zeitlich unbeschränkte, dauerhafte Aufstellung einer Tafel zur Geschwindigkeitsanzeige in der Karl-Tauchnitz-Straße. Hierzu führt die Verwaltung aus: Geschwindigkeitsanzeigen werden als Sofortmaßnahme auf Grundlage des derzeit gültigen Lärmaktionsplans aufgestellt. Sie dienen der Lärmvermeidung in Straßen, die zwar mit Lärm belastet sind, die Voraussetzungen für im Zuge der Fortschreibung des Lärmaktionsplans zu ergreifende Maßnahmen und für die Anordnung von verkehrsregelnden Maßnahmen nach § 45 Abs. 3 StVO aber nicht gegeben sind. Es stehen derzeit nur vier Anzeigetafeln zur Verfügung. Damit die Geschwindigkeitsanzeigen in möglichst vielen Straßen wirksam werden können, werden die Standorte gewechselt. So soll auch weiter verfahren werden. Ein dauerhafter Einsatz in der Karl-Tauchnitz-Straße ist daher nicht geplant.“

Aber dieses „soll“ finden die Grünen hier nicht akzeptierbar. Denn die Karl-Tauchnitz-Straße ist nicht irgendeine Straße, sondern seit einigen Jahren auch Teil des sogenannten Tangentenvierecks, mit dem ein Großteil des Verkehrs, der sonst über den Innenstadtring geflossen wäre, westlich um die Innenstadt herumgeführt wird. Den Lärm und den Staub haben jetzt die Anwohner der Karl-Tauchnitz-Straße. Und nicht nur am Herzlyia-Platz sah man, dass einige Verkehrsteilnehmer das regelrecht als Einladung begriffen, Gas zu geben und die Reifen quietschen zu lassen. Was sich aber mit den punktuellen Messungen und den Computerberechnungen der Verkehrsplaner nicht nachweisen lässt. Dazu muss man an der Straße wohnen und auch mal zu schlafen versuchen.

Die Grünen wollen den bislang der Stadtvorlage folgenden Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses deshalb ergänzt sehen.

Darin sollte aus ihrer Sicht aufgeführt werden:

– Die Stadt Leipzig beschafft im Rahmen des Lärmaktionsplanes weitere sechs Geschwindigkeitsanzeigetafeln und setzt diese temporär an wechselnden Orten regelmäßig ein. Zwei Geschwindigkeitsanzeigetafeln finden einen dauerhaften Standort in der Karl-Tauchnitz-Straße zwischen Wundstraße und Beethovenstraße.

– Die Verwaltung arbeitet die weiteren in der Petition angesprochenen Themen im Rahmen der Umsetzung des bereits dazu bestehenden Beschlusses der Ratsversammlung VI-P-03798 vom 16.05.2018 zur „Petition zum Problem der starken Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastung durch LKW-, Bus- und PKW-Verkehr in der Karl-Tauchnitz-Straße“ ab.

– Die Stadtverwaltung prüft die Anordnung einer nächtlichen Temporeduzierung aus Lärmschutzgründen in der Karl-Tauchnitz-Straße (ggf. nur für Lkw).

Und sie sehen – anders als das Verkehrsdezernat – wirklich Handlungsbedarf an der Karl-Tauchnitz-Straße: „Die Karl-Tauchnitz-Straße hat sich gerade durch die Entlastung der Harkortstraße zu einer sehr stark frequentierten Hauptverkehrsstraße entwickelt. Gerade in den Nachtstunden resultiert daraus eine für die Anwohnenden kaum zu ertragende Lärmproblematik. Insbesondere Lkw, die die Karl-Tauchnitz-Straße als Durchgangsstraße nutzen, gelten dabei als größte Lärmquelle. Die Anordnung einer Temporeduzierung auf Tempo 30 in den Nachtstunden würde eine deutliche Entlastung bringen.“

Umweltdezernat sieht keinen Bedarf für ein Schallschutzfenster-Programm

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