Auch das nächste Schulbauprojekt wird mit Sicherheit zum Diskussionsfall im Stadtrat werden. Denn auch das geplante Gymnasium auf der Westseite des Hauptbahnhofes wird es nicht zu den ursprünglich geplanten 52 Millionen Euro geben. Auch hier fällt Leipzig auf die Füße, dass die Stadt das Gelände nicht selbst von der DB kaufen konnte. Mittlerweile hat dort der Eigentümer wieder gewechselt, der Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung muss also neu aufgelegt werden.

Und die Zeit drängt. Das ist Leipzigs Problem, das die Stadt bei jedem Neubauprojekt immer stärker unter Druck setzt. Auch auf dem Gelände westlich des Hauptbahnhofes hatte Leipzig auf eine Investorenlösung gesetzt, wohl wissend, dass die Stadt die Schule preiswerter hätte bauen können – wenn ihr denn nur die Grundstücke gehört hätten.„Hinsichtlich rein finanzieller Aspekte würde sich eine Eigenrealisierung kostengünstiger darstellen. Ausschlaggebend sind hier insbesondere die Rahmenbedingungen des Grunderwerbs, die Beschaffung der Ausstattung und die Finanzierung der umfangreichen Besicherung“, heißt es in der gemeinsamen Vorlage von Finanzdezernat und Dezernat Stadtentwicklung und Bau.

„Vor dem Hintergrund der dringend notwendigen Schulkapazitäten im gymnasialen Bereich bietet das Kaufmodell mit Bauverpflichtung aber die Möglichkeit, das Gymnasium bis zum Schuljahr 2024/25 an diesem zentralen Standort in Betrieb nehmen zu können. Bei der Eigenrealisierung wäre erst nach Kaufverhandlungen und Eigentumsübergang die Planung einer Schule möglich. Die Planung müsste aufgrund des Ausschreibungsgebotes komplett von vorne begonnen werden. Auch bei der Realisierung ist die Stadt an die Fristen und Zeiträume öffentlicher Vergaben gebunden. Im Ergebnis würde dabei dennoch qualitativ kein anderes Schulgebäude entstehen, als es jetzt im Angebot enthalten ist.“

Ein Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung mit der Otto Wulff Schulbau Leipzig GmbH mit Sitz in Hamburg ist also aus Sicht der Verwaltung der schnellere Weg, hier zu einem dringend benötigten Gymnasium zu kommen.

Denn: „Bei der Eigenrealisierung wäre weiterhin davon auszugehen, dass es zur Beauftragung von Generalübernehmerleistungen kommt, um die dann eintretende zeitliche Diskrepanz zur Schulnetzplanung nicht noch weiter zu vergrößern. Entsprechend dem zeitlichen Verzug und der zu erwartenden Baupreisentwicklung, sowie gegebenenfalls der Maßnahmen, die zur zwischenzeitlichen Deckung des Schulbedarfes ergriffen werden müssten, würde sich der jetzt aufgezeigte Kostenvorteil weiter verringern. Darüber hinaus wäre die Stadt Leipzig vom Projektfortschritt des Entwicklungsgebietes westlich des Hauptbahnhofes abhängig.

Das Schulgrundstück ist derzeit überhaupt nicht erschlossen. Der große Vorteil des Kaufmodells mit Bauverpflichtung liegt in diesem Zusammenhang darin, dass der Bieter und der Entwickler des neuen Stadtgebietes in einem Firmenverbund agieren und ein großes gemeinsames Interesse an der Erschließung und Fertigstellung der Schule haben. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte kann daher trotz der jetzt aufgezeigten Kosten der Abschluss des Kaufvertrages mit Bauverpflichtung empfohlen werden.“

Warum der Vertrag nicht einfach vom neuen Grundstückseigentümer übernommen wurde, erläutert die Vorlage so: „Unter VI-DS-08112-DS-01-NF-01 hatte die Ratsversammlung einen städtebaulichen Vertrag mit der Leipzig 1 GmbH als damaliger Eigentümerin der Flächen im Vertragsgebiet beschlossen, der am 12.06.2019 notariell beurkundet worden war inklusive der Bezugsurkunde mit den meisten Vertragsanlagen. Die Grundstücke wurden verkauft, neue Eigentümerin ist die Firma Leipzig zwei GmbH & Co. KG. Zur Überleitung der Rechte und Pflichten aus dem städtebaulichen Vertrag auf den neuen Eigentümer war daher die Rechtsnachfolgeregelung erforderlich, die der Stadtrat in der Sitzung vom 09.07.2020 beschlossen hat (VII-DS-01103-NF-01).“

Und auch warum die Firma Leipzig zwei GmbH & Co. KG nicht direkter Vertragspartner ist, wird erklärt: „Gemäß § 11 Abs. 1 des städtebaulichen Vertrages ist der Erschließungsträger verpflichtet, für den Fall, dass er für die Planung und den Bau der im B-Plangebiet festgesetzten Schulfläche keinen Zuschlag erhält, der Stadt das Grundstück zum Verkehrswert zu veräußern. Der Erschließungsträger hatte sich zwar ursprünglich an dem Wettbewerb beteiligt, überlässt aber das Vorhaben nunmehr der eigens dafür gegründeten Otto Wulff Schulbau Leipzig GmbH, an die er das Grundstück verkaufen möchte.

Die Otto Wulff Schulbau Leipzig GmbH ihrerseits verpflichtet sich, das Grundstück mit dem vorliegenden Grundstückskaufvertrag mit Bauverpflichtung an die Stadt nach Herstellung der Schule zu übereignen. Da dieser Durchgangserwerb zwar dem Ziel des städtebaulichen Vertrages nicht widerspricht, aber der dort festgelegten Abwicklung, ist dieser entsprechend anzupassen, um das gewollte Ergebnis des städtebaulichen Vertrages auf anderem Weg zu erreichen.“

Dass es nicht bei den im Doppelhaushalt 2021/2022 geplanten 52 Millionen Euro bleibt, hat mehrere Gründe. So unter anderem: „Weiterhin ergeben sich aus den Vorgaben des B-Planes, des energetischen Ansatzes sowie der topografischen Situation vor Ort kostensteigernde Faktoren (Tiefgarage, Ausbildung von Retentionsdächern, KfW-EH 55-Standard, Terrassierung Außenanlagen). Der Kostenansatz ist damit plausibel“, zitiert die Vorlage die beauftragten Prüfer.

Jetzt stehen rund 76 Millionen Euro (ohne Erwerbsnebenkosten) unterm Strich. Der Stadtrat wird sich mit der Vorlage wohl nach den Sommerferien beschäftigen.

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Es gibt 2 Kommentare

Leider ist der Journalismus schon so verarmt, dass diese offensichtlichen mafiösen Strukturen nicht nur nicht aufgeklärt, sondern sogar noch positiv gesehen werden.

So schien es mir, eine Nähe von der Liz und dem Stadtbauchef P. Fahrenkamp zu erkennen, aber vielleicht täusche ich mich da auch. Na zumindest zu einigen Freunden in der Verwaltung scheint der junge Gräfelfinger mit dem goldenen Daumen einen guten Draht zu haben.

Leipzig 1, dann Leipzig zwei und anscheinend Wulff… das ist jetzt keine Mauschelei?

Widerlegt jedenfalls nicht meine jahrzehntealte Vermutung, dass bei und mit der Stadt Leipzig mafiöse Verhältnisse herrschen.

Mafiöse Strukturen zeigen sich u.a. daran, dass es keine sichtbare Entwicklung gibt. Weil ja jedes Geld wegfließt.

Passt dazu, dass bei der Stadt faktischer Stillstand herrscht. Nur das Nötigste wird umgesetzt – wie Schulneubau (betrifft ja auch die alten weißen Männer). Und selbst da wird…

Mal ehrlich: 50 Millionen für eine Schule sind schon ganz schön viel!

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