Nicht nur in der Leipziger Westvorstadt machen sich die Überlastungen bemerkbar, etwa bei den Veranstaltungen im Sportforum. Auch das Bachstraßenviertel leidet mittlerweile unter Überlastung. Das thematisierte der Stadtbezirksbeirat Mitte in einem Antrag, auf den das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) reagiert. Wieder einmal zurückhaltend. Denn das Planungspersonal für zusätzlich zu erstellende Verkehrskonzepte fehlt eigentlich. Auch wenn sich Nutzungs- und Zielkonflikte wie im Bachstraßenviertel spürbar verschärfen.
„Während der Parkdruck durch einen gestiegenen Motorisierungsgrad, aber auch die Nähe zur Innenstadt und zur Arena immer weiter zunimmt, ist die Qualität der Gehwege und des Straßenbelags für zu Fußgehende und Radfahrende kontinuierlich gesunken“, stellte der Stadtbezirksbeitat Mitte in seinem Antrag fest.
„Zugleich sind neue Nutzungsgruppen hinzugekommen: seien es Seniorenwohnheime im Westen des Viertels oder Kita und Grundschule des forum thomanum im Osten. Letztlich wollen aber alle Menschen im Viertel sicher in den nahegelegenen Park gehen oder in den Konsum zum Einkaufen. Dafür braucht es Fußwege in guter Qualität sowie ausreichend Möglichkeiten, die Straßen sicher zu queren.
So können Schul- und Spielstraßen eine Maßnahme sein, um das Areal rund um das forum thomanum und die Lutherkirche verkehrsberuhigt zu gestalten. Diagonalsperren und Einbahnstraßen können ein geeignetes Instrument sein, um Durchgangs- und Schleichverkehr zu unterbinden, wenn die angrenzenden Hauptstraßen im Berufsverkehr dicht sind. Gehwegnasen, Zebrastreifen und aufgepflasterte Kreuzungsbereiche können die Querung sicherer gestalten.“
Eine Spielstraße gibt es im Quartier ja schon – das ist die Hillerstraße zwischen Thomasschule und Thomanera-Alumnat.
Aber bei Fußballspielen und Großveranstaltungen in der Arena gibt es zusätzliche Probleme.
Zunehmender Parkdruck
„Bei den vielen Großveranstaltungen rund um Stadion, Festwiese und Arena ist immer wieder ein erhöhter Parkdruck im Bachstraßenviertel zu beobachten. Zugleich bemerken Anwohnerinnen und Anwohner häufig, dass Besucher des Leipziger Zentrums ihr Auto gern kostenfrei im Bachstraßenviertel abstellen und die kurze Distanz zur Innenstadt zu Fuß überwinden“, stellte der Stadtbezirksbeirat fest.
„Um die vorhandenen Parkplätze für die Menschen vorzuhalten, die tatsächlich im Viertel wohnen, hat sich im Waldstraßenviertel bereits das Bewohnerparken etabliert. Eine ähnliche Maßnahme scheint aufgrund der vergleichbaren Bedingungen auch im Bachstraßenviertel sinnvoll zu sein.
Um all diese Maßnahmen nicht mühsam einzeln und kleinteilig zu beantragen, fordert der Stadtbezirksbeirat Leipzig-Mitte die Verwaltung auf, ein entsprechendes Verkehrskonzept mit einer abgestimmten Reihe von Maßnahmen zu entwickeln, die geeignet sind, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer nachhaltig zu erhöhen.“
Ein nur zu berechtigter Wunsch, dies bestätigt auch das MTA.
„Die verkehrlichen Probleme im Bachstraßenviertel sind bekannt und der Wunsch nach einem umfassenden Verkehrskonzept nachvollziehbar. Ein solches ist derzeit jedoch nicht im Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie, über den alle geplanten Maßnahmen im Mobilitätsbereich priorisiert werden, hinterlegt und somit auch nicht für den Haushalt 2025/26 priorisiert“, stellt es freilich in seiner Stellungnahme fest.
Solche quartiersbezogenen Mobilitätskonzepte gibt es derzeit nur für die Quartiere Stadionumfeld, Anger-Crottendorf, das Kolonnadenviertel, Zentrum-Süd, das Grafische Viertel, Lindenau und Leutzsch.
Einzelnahmen sind möglich
Aber wenn schon die Leute fehlen, ein umfassendes Verkehrskonzept für das Bachstraßenviertel aufzulegen, so sieht das MTA wenigstens die Möglichkeit, einige Einzelmaßnahmen zu prüfen.
Die finden sich in einem Maßnahmenpaket der „Initiative Fuß- und Fahrradfreundliches Bachviertel“ (IFFB), das eine Verkehrsberuhigung und Aufwertung des Verkehrsraums beinhaltet. Dazu gehören:
Verbesserung der Gehwegqualität und Schaffung von Sitzgelegenheiten (insbesondere im Sinne von vulnerablen Gruppen)
Einschränkung des PKW-Verkehrs im Schrebergäßchen mittels Modalfilter, Schritttempo, Umwidmung in Spielstraße oder in Begegnungszone
Zebrastreifen o. Ä. im Bereich Marschnerstr./Sebastian-Bach-Str.
Kurzzeitparkplätze für systemrelevanten Transport (Bsp. Davidstr./Seb.-Bach-Str.)
Einrichtung einer Verkehrsberuhigung und einer Schulstraße rund um den Campus, v. a. im Abschnitt der Sebastian-Bach-Straße zwischen Alumnat und Kita/Grundschule sowie in der Schreberstraße zwischen Lutherkirche bis zur Sebastian-Bach-Straße
Des Weiteren werde eine mögliche Einführung des Bewohnerparkens geprüft, erklärt das MTA. „Die Prüfung dieser Maßnahmen ist für 2025 vorgesehen. Bei positivem Prüfergebnis muss eine Maßnahmenumsetzung mit dem Doppelhaushalt abgeglichen werden.
Neben den durch die Stadt zu prüfenden Einzelmaßnahmen wurden zudem durch den Stadtbezirksbudget Vorschlag-Nr. VII-SBB-09707 bereits eine Reihe Fahrradbügel befürwortet und umgesetzt. Nach Prüfung und etwaiger Umsetzung aller Einzelmaßnahmen, wird die Notwendigkeit eines umfassenden, quartiersbezogenen Mobilitätskonzepts erneut geprüft und bei Bedarf in den Rahmenplan aufgenommen“, verspricht das MTA.
Wobei trotzdem die Frage offen bleibt, wann es auch erst einmal zu kleineren Verbesserungen kommt. Denn 2025 will da MTA zwar die vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen prüfen. Wann sie umgesetzt werden, hängt aber davon ab, ob die dafür benötigten Gelder irgendwo im eh schon knappen Doppelhaushalt 2025 / 2026 gefunden werden können.
Und auch die Notwendigkeit, ein Mobilitätskonzept für das Bachstraßenviertel zu erarbeiten, soll erst mit der nächsten Aktualisierung des Rahmenplans zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie für den Haushalt 2027/28 geprüft werden. Da dürfte man im Bachstraßenviertel jetzt die Daumen drücken, dass wenigstens die vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen zeitnah umgesetzt werden.
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Keine Kommentare bisher
Ich empfinde die Formulierung “gestiegener Motorisierungsgrad” als überraschend originell. Dramatisierung erfordert durchaus eine ordentliche Formulierungsvielfalt, nicht zu vergessen die Aspektevielfalt, worin mir besonders “Letztlich wollen aber alle Menschen im Viertel sicher in den nahegelegenen Park gehen oder in den Konsum zum Einkaufen.” gefällt. Wo, bitte, kann man ggw. im fraglichen Bereich “nicht sicher” irgendwohin gehen? Mir fällt der schon ältere Spruch ein “Ich bin 30, bitte helfen sie mir über die Straße!”
Übrigens, seit mehr als vier Jahrzehnten besteht über die Davidstraße – Sebastian-Bach-Straße – Marschnerstraße eine ausdrücklich für den Durchgangsverkehr gedachte Route, um indirekt von der Käthe-Kollwitz-Straße Richtung Stadion abbiegen zu können, was direkt aus Gründen nicht gestattet ist. Das ist aber die Ausnahme im Quartier. Nirgendwo sonst gibt es dort einen beklagbaren Durchgangsverkehr, schon mal wegen des partiell bestehenden kernigen Kopfsteinpflasters aus den 1880er Jahren.
Anstatt daß die Bewohner des fraglichen Bereichs ihrem Schöpfer auf Knien danken, daß sie das Privieg haben, in sehr schöner Parknähe zu residieren, nein, es geht nicht ohne “Bleibt fort!”-Impuls an die störende Bagage, die auch ab und zu Autos dort abstellen will. Von da an ist es nicht weit bis zum Wunsch nach Gated Communities.