Größer, höher, weiter - und immer mehr ich - das kann es ja bekanntlich nicht wirklich sein, was die Welt am Kreiseln hält. Da braucht es Kitt und soziales Miteinander, auch im Kapitalismus. Und solange niemand wirklich eine alternative, lebbare Idee hat, sollten vorsichtige Ansätze, dem menschenverachtenden Untereinanderwegbeißen etwas entgegenzusetzen, positiv herausgestellt werden. Volly Tanner traf Christin und Marcus, die im Leipziger Westen Soziales und Wirtschaftliches zueinanderbringen. Und fragte an ihnen herum.

Liebe Christin Büchele, lieber Marcus Bittner – Ihr seid ja beide die Ideengeber und -macher von “Leipzig Socialimpact Lab”, wenn ich das richtig verstanden habe. Nun fragt sich der Uneingeweihte natürlich was in Eurem Labor zusammengekocht wird? Erzählt mal bitte!

Zunächst mal sind wir Teil eines größeren Ganzen: der gemeinnützigen social impact GmbH. Seit zweieinhalb Jahren konzentrieren wir uns auf die Entwicklung einer Infrastruktur zur Förderung von sozialen Innovationen. Im Mittelpunkt unseres Angebots steht der Aufbau von Social Impact Labs. In Leipzig entsteht – nach Berlin, Hamburg und Frankfurt – das vierte “Labor” als Plattform für Gründer, Unternehmer und gemeinnützige Organisationen rund um die Themen soziale Innovation und Unternehmertum.

Das Social Impact Lab wird ein Ort des Lernens, des Austausches und der Vernetzung. Wir wollen dazu beitragen, dass die Gründungsvoraussetzungen für Sozialunternehmen verbessert wird. In Leipzig bieten wir zusätzlich zwei neue Programmteile an: zum einen gibt es in Zusammenarbeit mit dem Verein “Elemente der Begeisterung” ein umfangreiches Aktivierungs- und Trainingsprogramm für das Engagement junger Menschen. Zum anderen werden wir gezielt Menschen aus Portugal und Spanien bei der Entwicklung ihrer sozialen Geschäftsideen in ihren Heimatländern unterstützen. Es wird also ein innovativer, kreativer, internationaler Mix an sozialen Möglichkeiten im wunderschönen Industriedenkmal “Stelzenhaus” entstehen.

Am 10. Juli eröffnet Ihr im Stelzenhaus. Gibts ein buntes Rahmenprogramm? Clownsnasen? Schrottwichtel? Benefizende Soulsänger aus Mannheim? Was habt Ihr geplant?

Bevor wir die Eröffnung feiern, kommen ab 15 Uhr die ersten Stipendiaten zum Zug. Schließlich dreht sich im Lab alles um die Gründer und ihre Ideen. In einer Kurzpräsentation, dem sogenannten Pitch, stellen sie ihre Ideen dem Publikum und der Jury vor. Ab 18 Uhr werden wir uns dem ausgelasseneren Teil widmen. Wie genau das Rahmenprogramm aussehen wird, verraten wir natürlich noch nicht. Soviel: Clownsnasen, Schrottwichteln und Soulsänger aus Mannheim gibt es tendenziell nicht.

Ihr arbeitet mit der Drosos Stiftung zusammen. Wer ist das denn?

Die Drosos Stiftung wurde in der Schweiz gegründet und entstand aus einer privaten Initiative. Die Stiftung stellt und unterstützt ein umfassendes Programm im Osten Deutschlands. Dies ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass trotz vieler Bedürfnisse nur wenige Stiftungen Förderprogramme in dieser Region finanzieren.

Was steckt denn hinter dem Start Up Stipendium, welches Ihr auslobt?

Social Startups können sich um ein Stipendium bewerben und erhalten für einen Zeitraum von acht Monaten kostenfreie Arbeitsplätze und ein umfangreiches Beratungs- und Qualifizierungsangebot, um ihre sozialen Innovationen nachhaltig erfolgreich positionieren zu können. Der Bewerbungsschluss für die erste Runde ist schon am 27. Juni. In Härtefällen ist zum Teil auch ein Lebenshaltungszuschuss in der zweiten Phase des Stipendiums möglich.

Und Ihr Beide, wo habt Ihr Euch Eure Sporen bis jetzt verdient? Kompetenzen fallen ja nicht vom Himmel, die müssen ja langsam gehegt und gepflegt werden.

Marcus: Ich bin schon einige Jahre für social impact aktiv. Seit 2011 begleite ich in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Projekts enterability Menschen mit Schwerbehinderung, in die berufliche Selbstständigkeit. Daneben bin ich auch noch Teil der Geschäftsführung einer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und entwicklungsorientierter Nothilfe. Als studierter Sozialpädagoge und gelernter Industriekaufmann bewege ich mich eigentlich die Hälfte meines Berufslebens an der Schnittstelle zwischen sozialem und wirtschaftlichem Handeln.

Christin: Gehegt und gepflegt habe ich meine Kompetenzen zum einen im Studium der Literatur-, Medien-, Kulturwissenschaften sowie Internationalen Beziehungen; zum anderen durch diverse Praktika und ehrenamtliches Engagement im entwicklungspolitischen und sozial-verantwortlichen Bereich. Manche Arbeitserfahrung in diesem Zusammenhang habe ich in internationalen Kontexten und in interkulturellen Teams erworben. Die Arbeit für das Social impact Lab stellt allerdings meinen ersten, vollzeitlichen Auftakt in die Arbeitswelt dar. Ich bin begeistert davon, einen Raum zu schaffen, der sozial-verantwortliche und kreative Unternehmsgründungen inspiriert und fördert.

Sind sozialunternehmerische Geschäftsmodelle der Ausweg aus der Krise des Kapitalismus? Hat Verantwortungsbewusstsein überhaupt eine Chance gegen das Dauerfeuerwerk der Neoliberalen?

Glauben wir daran, dass es echte Alternativen gibt? Wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine lebenswerte Zukunft hinterlassen wollen, müssen wir neue Antworten auf wirtschaftliche, soziale und ökologische Fragen der Gegenwart finden. Die großen Herausforderungen sowohl auf globaler, nationaler und regionaler Ebene fordern neue Strategien und Instrumente. Ja, wir denken, dass soziale Innovationen einen sehr großen Beitrag dazu leisten können.

Ich drücke Euch jedenfalls die Daumen. Toitoitoi!

Danke, Volly.

Leipzig.socialimpactlab.eu

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