Eigentlich war der Bürgerverein Gohlis erledigt, im Frühjahr meldete er Insolvenz an. Nichts ging mehr, nachdem absehbar war, dass auch die zentrale Person verloren gehen würde, weil ihr Beschäftigungsverhältnis endete - Petra Cramer, die Projektleiterin. Der Verein bestellte zwei Liquidatoren. Und die stellten schon ziemlich schnell fest: Wer so einen Verein einfach abwickelt, weil Behörden und Ämter die Förderung kappen, der tut das Falscheste, was möglich ist.

So sahen es auch Heidrun Jakuszeit und Gerd Klenk, die vom Verein als Liquidatoren bestellt worden waren. “In der Zwischenzeit ist nicht nur uns, sondern auch unserem Umfeld bewusst geworden, was der Wegfall dieses stadtteilorientierten Vereines bedeuten würde. Andere werden sagen, Jeder und Jedes ist ersetzbar”, schreiben sie über ihre Arbeit auf der Website des Vereins. “Unser Problem, dass keine jüngeren und aktiven Vereinsmitglieder da sind, die den Vorstand und die ehrenamtliche Arbeit des Vereins weiterführen wollen, erreichte nun auch andere Vereine der Stadt. Wobei das Problem des Wegfalles der Beschäftigungsförderung seit 2012 bei vielen Vereinen auch, neben uns, dazu gekommen ist. Ehrenamtliche Arbeit ist kein Ersatz für Hauptamtliche Arbeit.”

Das erste, was verloren ging, war das Büro im Heinrich-Budde-Haus. Am 19. August teilte das Kulturamt der Stadt Leipzig knochentrocken mit: “Der Betreiberverein des Gohliser Heinrich-Budde-Hauses ist insolvent. Infolgedessen wird das Kulturamt der Stadt Leipzig die im Besitz der Stadt befindliche Immobilie ab dem 1. September 2014 selbst betreiben. Sämtliche vom Förderverein abgeschlossenen Untermietverträge werden durch die Stadt Leipzig bis zum Jahresende geduldet. Zurzeit werden mit den Mietern Gespräche geführt. Ziel ist es, das Heinrich- Budde-Haus auch in Zukunft als Kultur- und Kommunikationsort für Leipzig-Gohlis zu erhalten.”

Der bisherige Trägerverein musste sich neue Räume suchen – und fand sie in der Lindenthaler Straße 34 in einer Bürogemeinschaft. Was noch nicht das Hauptdilemma löste: Wie finanziert man die zentrale Stelle einer Projektleiterin?

Ein Problem, das auch alle anderen Bürgervereine in Leipzig haben, die wirklich aktiv arbeiten wollen. Aber mittlerweile ist schon wieder ein Jahr vergangen, in dem die Linksfraktion mit zäher Mühe geschafft hat, der Verwaltung klar zu machen, dass sie da ein Problem hat, dass sämtliche bislang von Arbeitsagentur und Jobcenter geförderten Stellen jetzt wegbrechen und die viel gepriesenen Sponsoren, die in anderen Teilen der Welt so gern einspringen, in Leipzig schlicht nicht existieren.

Das Bemühen haben auch Jakuszeit und Klenk wahrgenommen: “Nachdem sich nun auch die Stadt mit dem Problem der Zukunft der Vereine beschäftigt hat und von der Fraktion Die Linke im Stadtrat ein Schutzschirm für Vereine per Ratsbeschluss gefordert wird, gibt es auch bei uns, aufgrund von engagierten Mitgliedern der Initiative ‘Dialoge für Gohlis’ und anderen Akteuren, berechtigte Hoffnungen für die Bildung eines neuen Vorstandes und damit das Weiterbestehen des Vereines.”

Den ersten Teil der Aufgabe hat der Verein tatsächlich bewältigt. Am Donnerstag, 25. September, konnte der Verein vermelden: “Zukunft des Bürgervereins Gohlis e.V. gesichert – Vorstand tritt mit komplett neuem Team an”.

Am 25. September hatten sich die Mitglieder des Bürgervereins Gohlis e.V. zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zusammengefunden, um erneut über die unsichere Zukunft ihres Bürgervereins zu beraten. Erleichterung stellte sich ein, als bekannt wurde, dass insgesamt 16 Bürgerinnen und Bürger einen Aufnahmeantrag gestellt hatten und sich bereit erklärten, die Zukunft des Vereins aktiv mitzugestalten. Auch die Bürogemeinschaft in den Räumlichkeiten des Vereins nimmt Konturen an, was die wirtschaftliche Situation des Vereins verbessert.

“Angesichts dieser guten Vorzeichen konnte die Liquidation und das somit drohende Aus des Bürgervereins einstimmig abgewendet werden”, teilt Peter Niemann, der neue Vorsitzende des Vereins, mit.

Der 28-jährige Historiker ist nun der Kopf des jungen wie ambitionierten neuen Vorstandes. Unterstützt wird er durch Stellvertreter Matthias Reichmuth (48, Geograph), Schatzmeister Tino Bucksch (33, Büroangestellter) sowie drei Beisitzer.

Der neue Vorsitzende zeigt sich zufrieden: “Es erfüllt mich mit großer Freude, dass unser Bürgerverein nicht nur auf eine über 20-jährige Geschichte zurückschauen kann, sondern nun auch wieder eine Zukunft hat. Wir wollen weiterhin für alle Menschen im Stadtteil da sein und an den Themen anknüpfen die unter dem bisherigen Vorsitzenden, zuletzt Liquidator, Gerd Klenk stark gemacht wurden. Neben dem interkulturellen wie interreligiösen Dialog betrifft das die Seniorenarbeit sowie die Stadtteilgeschichte und kulturelle Vorhaben.”

www.buergerverein-gohlis.de

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