Wahrscheinlich sollte man demnächst, wenn wieder ein sächsischer Politiker das Wort "Demografie" in den Mund nimmt, eine Quittung verschicken: "5 Euro fürs Phrasenschwein". Denn sie wissen, wie es aussieht, nicht mehr, was sie sagen und was sie tun. Und die Zahlen, die das statistische Landesamt liefert, erzählen von allem Möglichen, nur nicht von einem Land, das vergreist und verödet. Selbst die Kfz-Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.

147.556 Kraftfahrzeuge wurden im Jahr 2011 in Sachsen neu zugelassen, teilte das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen am Montag, 13. Februar, mit. Das waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes 9,6 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Und das, obwohl die Folgen des 2008 gestarteten ersten Konjunkturpaketes eigentlich schon 2009 ihren Höhepunkt hatten und dann aus der Statistik verschwanden. Die Sachsen kaufen trotzdem weiter Autos. Und zwar deutlich mehr als noch vor der Weltfinanzkrise, die auch den sächsischen Autobau in Mitleidenschaft zu ziehen drohte.

Die Kaufzahlen erzählen also etwas anderes – beispielsweise erzählen sie von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, die zwar noch auf niedrigstem Gehaltsniveau geschieht, aber immer mehr Arbeitfindende wieder zurücklotst in eine Beschäftigung. Und dafür braucht man in Sachsen – zumal in den ländlichen Räumen – ein eigenes Fahrzeug.

In den Zahlen zeigt sich aber auch die späte Erholung der sächsischen Logistik nach dem Schock von 2008/2009.

Bei den Personenkraftwagen, deren Neuzulassung immerhin mehr als vier Fünftel aller Neuzulassungen ausmachte, lag der Zuwachs gegenüber 2010 bei 8,0 Prozent – insgesamt waren es knapp 121.300 Fahrzeuge.

Noch steiler war der Anstieg bei der Zahl der neu zugelassenen Lastkraftwagen – bei immerhin 21,9 Prozent, insgesamt 16.303 Fahrzeuge. “Die Zahl der Neuzulassungen bei den Zugmaschinen erhöhte sich sogar um 29,9 Prozent – allerdings nur auf einen Absolutwert von 3.939 Fahrzeugen, was einem Anteil von 2,7 Prozent aller neu zugelassenen Kraftfahrzeuge entsprach”, so das statistische Landesamt. “So viele Lkw und Zugmaschinen wurden in den letzten zehn Jahren nicht mehr in Sachsen neu zugelassen.”Was im Umkehrschluss auch heißt: Das sächsische Logistik-Gewerbe investiert und wächst.

Mehr als verdoppelt hat sich im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der neu zugelassenen Kraftomnibusse. “Allerdings war deren Zahl im Jahr 2010 rapide eingebrochen. Mit 187 neu zugelassenen Kraftomnibussen liegt der Wert für 2011 immer noch wesentlich unter den Zulassungszahlen der letzten Jahre”, schränkt das Landesamt diesen Wert ein. Was auch damit zu tun hat, dass Unternehmen des ÖPNV neue Busse praktisch nicht ohne “Fördergelder” des Landes beschaffen können. Wenn das Verkehrsministerium den Topf dicht macht, können die Unternehmen keine neuen Linienbusse ordern – die alten stänkern ein paar Jahre länger durchs Land.

Was dann wieder potenzielle Fahrgäste abschreckt, mit dem Bus zur Arbeit zu gondeln. Sie kaufen sich dann lieber ein Auto.

Womit in den steigenden Kfz-Zahlen in Sachsen auch die spürbar restriktive Haltung der Staatsregierung gegenüber dem ÖPNV im Land spürbar wird. Auch wenn die Bevölkerungszahl in den letzten beiden Jahren noch leicht sank, stieg die Zahl der gemeldeten Pkw von 2,06 Millionen im Jahr 2010 auf 2,073 im Jahr 2011 und auf gegenwärtig 2,081 Millionen. Und da die Sachsen verstärkt in die Großstädte ziehen, weil ihnen die Infrastrukturen im ländlichen Raum ausgedünnt werden, konzentriert sich das Auto-Stellplatz-Problem auch zunehmend in den großen Städten.

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