Nicht nur junge Generationen verzweifeln, wenn sie herausbekommen wollen, wie hoch denn einmal ihre Rente sein wird, warum es wo Abstriche gibt, wo sie Anrecht auf Zuschläge haben oder warum trotz jahrelanger Schufterei der Betrag auf der Renteninformation noch immer so lächerlich klein ist. Auch die Rentner selbst fühlen sich oft genug hinters Licht geführt. Immer mehr klagen dagegen. Viel zu wenige, meint Dr. Dietmar Pellmann.

In seiner Rolle als sozialpolitischer Sprecher der Linksfraktion ist er zwar zum Nachfragen qua Amt angehalten. Aber er tut es konsequenter und umfassender als andere. Auch bei diesem Lieblingsthema der Regierungsparteien, mit denen diese für gewöhnlich die älteren Wähler dazu animieren, bei ihnen ihr Kreuzchen zu machen. Auch die Bundesregierung übt sich ja in der Weihnachtsmannrolle, wenn es um Rentenerhöhungen und derlei Dinge geht, die am Ende wieder die jüngeren Jahrgänge bezahlen. Später, wenn die Verantwortlichen selbst in Rente sind.

Aber das ganze Regelwerk ist mittlerweile so kompliziert, dass Rentenberater davon ausgehen, dass jeder 20. Bescheid falsch berechnet ist. Und nicht alle Betroffenen lassen sich das gefallen. Immer mehr ziehen auch vor Gericht. Das ergab dann auch die neueste Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage “Klagen zu Rentenangelegenheiten bei sächsischen Sozialgerichten 2013 (Landtagsdrucksache 5/13790) von Dr. Dietmar Pellmann.

“Angesichts der gerade von der sächsischen Staatsregierung immer wieder zu vernehmenden Einschätzung über die große Zufriedenheit der Rentnerinnen und Rentner mit ihrer Lebenssituation müsste man eigentlich annehmen, dass es kaum Beschwerden oder gar Klagen zu Rentenfragen vor Sozialgerichten gibt oder dass diese zumindest stark rückläufig sein müssten”, meint der Landtagsabgeordnete aus Leipzig. “Die offizielle Statistik beweist jedoch das ganze Gegenteil. Seit 2008, damit in nur sechs Jahren, gab es allein bei sächsischen Sozialgerichten mehr als 34.000 Rentenklagen.”

Abgefragt hatte er das auch schon in den Vorjahren mit den Landtagsdrucksachen 5/5094, 5/8169 und 5/11385).

“Gab es 2008 noch 4.594 Klagen allein aus dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, so stieg deren Zahl im vergangenen Jahr auf 5.285 – ein Anstieg um 15 Prozent”, stellt Pellmann fest. “Dabei sind Klagen bekanntlich nur die Spitze Protesteisberges. Um überhaupt klagen zu können, bedarf es vorher des abgelehnten Widerspruches durch den Rentenversicherungsträger. Vergleichsweise vielen Widersprüchen wird allerdings ganz oder teilweise abgeholfen, so dass sich Klagen erübrigen. Dennoch hat die Zahl der Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Klage ganz oder zumindest teilweise erfolgreich war, zugenommen. Waren es 2008 noch 159, so im vergangenen Jahr immerhin 217.”

Aber nicht jeder nimmt den zähen Kampf mit den Behörden auf.

“Viele, vor allem ältere Menschen, scheuen nach wie vor den Gang zum Sozialgericht, weil sie ihre Rechte entweder zu wenig kennen oder durch die nach wie vor relativ langen Bearbeitungszeiten der Klagen abgeschreckt werden. Diese betrugen im vergangenen Jahr im Durchschnitt 14,4 Monate”, nennt Pellmann die Zeitspanne, die die Betroffenen schon zermürben kann. Grund für die langen Bearbeitungszeiten sind natürlich auch die personellen Unterbesetzungen der Sozialgerichte, die gleichzeitig auch mit all den anderen vom Gesetzgeber und seinen Behörden geschaffenen Konfliktfeldern zu tun haben. Je undurchdringlicher die gesetzlichen Regelungen werden, umso häufiger erhalten Betroffene falsche Bescheide und Auskünfte.

“Abhilfe geschaffen werden könnte durch mehr Richterinnen und Richter bei den Sozialgerichten, aber viel mehr noch durch mehr Durchschaubarkeit für Betroffene im Rentenrecht”, nennt Pellmann die entscheidenden Punkte, an denen es hapert. “Und selbstverständlich würden lange überfällige politische Entscheidungen, insbesondere zur Besserstellung der Erwerbsminderungsrentner und zur Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West nicht nur zu einer Entlastung der Sozialgerichte beitragen, sondern vor allem zu wirklicher Zufriedenheit der Betroffenen führen.”

Die Kleine Anfrage von Dietmar Pellmann:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=13790&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=202

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