Irgendetwas läuft da in Leipzigs Verwaltung in die falsche Richtung. „Mit 58 Prozent sind mehr als die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Leipzig mit ihrer Arbeitgeberin überwiegend oder sehr zufrieden. Dies geht aus der Mitarbeitenden­befragung 2023 der Stadt Leipzig hervor“, meldet die Verwaltung am 28. Februar. Das klingt positiv. Doch tatsächlich hat sich die Mitarbeiterzufriedenheit in den vergangenen Jahren verschlechtert.

In der Befragung von 2019 zeigten sich noch 68 Prozent der Befragten zufrieden, im Jahre 2021 waren es noch 64 Prozent.

Fast die Hälfte, 48 Prozent, aller rund 9.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte den Fragebogen im vergangenen Jahr ausgefüllt. Auf Grundlage dieser Fragebögen werden auf Team-Ebene Einzelberichte erstellt. Diese dienen als Gesprächsanlass zwischen Führungskraft und Team, auch über kritische Themen.

„Besonders gefreut hat mich die Tatsache, dass sich die Anzahl der Einzelberichte von 250 auf 600 mehr als verdoppeln wird. Dementsprechend erhalten auch ich und alle anderen Beigeordneten einen solchen Bericht“, sagt Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning.

„Jede Führungskraft ist dazu angehalten, sich mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen. Damit wird ein kritischer Auswertungs- und Reflexionsprozess über alle Hierarchieebenen möglich. Ich sehe dies als Chance, den Dialog in den Teams zu fördern, Entwicklungspotenziale zu stärken und durch abgeleitete Maßnahmen langfristig die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu verbessern sowie die Zusammenarbeitskultur zu stärken.“

Themen der Befragung waren die allgemeine Zufriedenheit, Arbeitsbedingungen, Führung, Förderung und Entwicklung, Arbeitsbelastung, Arbeitsklima, die Weiterempfehlungs- und Wechselbereitschaft und die Auswertung der Mitarbeitendenbefragung 2021. Die Ergebnisse ermöglichen eine datenbasierte Verbesserung von Mitarbeiterzufriedenheit, Zusammenarbeitskultur und Arbeitgeberattraktivität.

Die Arbeitsaufgaben bei der Stadtverwaltung (74 Prozent sind damit überwiegend oder sehr zufrieden), die aktuell geltenden Regelungen zur Arbeitszeit (81 Prozent überwiegend oder sehr zufrieden) und die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen im Team (82 Prozent überwiegend oder sehr zufrieden) sind Stärken, die zur Gesamtzufriedenheit beitragen und die gefördert und ausgebaut werden sollen, schätzt da Sozialdezernat ein.

Was läuft im Rathaus eigentlich schief?

Aber elf Prozent sind insgesamt sehr oder überwiegend unzufrieden.

Und so versucht das Dezernat auch die Stellen auszumachen, in denen es ganz offensichtlich Probleme gibt.

Größte Herausforderung ist die bereichsübergreifende Zusammenarbeit, da lediglich 35 Prozent überwiegend oder sehr zufrieden damit sind. Ein Fazit, das nach all den publik gewordenen Vorfällen von fehlenden Ämterabstimmungen nur zu offenkundig ist. Hier fehlt ganz offensichtlich eine simple Systematik, die solche Abstimmungen regelhaft macht und der Mein-Königreich-Politik in einzelnen Ämtern die Basis entzieht.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist nach Einschätzung des Verwaltungsdezernats die Führungskultur, mit der nur 44 Prozent überwiegend oder sehr zufrieden sind.

Was ja wohl auch mit der schwierigen ämterübergreifenden Zusammenarbeit zu tun hat. Beides sind Kommunikationsfragen. Aber auch Fragen der Kompetenz. Augenscheinlich fällt es der Verwaltung in den vergangenen Jahren zunehmend schwer, diese Barrieren abzubauen und Verfahrensabläufe auch für die Mitarbeitenden transparent und selbstverständlich zu machen.

Außerdem bestehe Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Frage, ob man sich angemessen auf künftige Aufgaben und Veränderungen vorbereitet fühlt, so die Stadt. Lediglich 45 Prozent geben an, dass dies vollständig oder überwiegend auf sie zutrifft. Auch das kann man genau in diesem Zusammenhang sehen: Sind die Mitarbeitenden befähigt, ihre Arbeitsgebiete selbstständig zu aktualisieren? Oder müssen sie dabei jedes Mal darauf warten, dass „höhere Entscheidungsebenen“ endlich ihre Zustimmung geben?

Das sind die schwierigeren Fragen in der Führung eines Großunternehmens: Traut man seinen fachkundigen Mitarbeitenden selbstständige Arbeitsorganisation zu? Oder herrscht doch wieder ein Geist der permanenten Kontrolle und Rückversicherung, der auch wichtige Arbeitsaufträge des Stadtrates immer wieder blockiert?

Positive Tendenzen

Leichter ist es, neue Technik zu beschaffen. Und so schätzt es auch die Stadtspitze ein: Positiv entwickelt habe sich die Ausstattung des Arbeitsplatzes: Der Anteil der sehr oder überwiegend Zufriedenen habe bei diesem Thema gegenüber 2021 um zehn Prozentpunkte zugenommen.

Auch das wahrgenommene Arbeitsklima habe sich um neun Prozentpunkte verbessert. Da darf man stutzen. Aber aus gutem Grund schränkt die Verwaltungsspitze das gleich wieder ein: Zu beachten ist demnach, dass nicht mehr nach dem Arbeitsklima „im Bereich“, sondern „im Team“ gefragt wurde. Die Veränderung könne also auch an dem geänderten Befragungsfokus liegen.

Positiver werden nun auch die Weiterbildungsmöglichkeiten bewertet: Der Anteil der sehr oder überwiegend Zufriedenen ist von 43 auf 50 Prozent gestiegen.

Doch das Gesamtfazit bleibt: Die Gesamtzufriedenheit ist seit 2021 um sechs Prozentpunkte gesunken. Mit der Führungskultur sind 2023 nur noch 44 Prozent sehr oder überwiegend zufrieden, was einem Rückgang um fünf Prozentpunkte entspricht, schätzt die Rathausspitze selbst ein.

Um neue Talente zu gewinnen und bestehende zu halten, sei es entscheidend, so das Rathaus, dass zumindest 49 Prozent der Befragten die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin weiterempfehlen würden.

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