Irgendwie wurde auch Leipzigs Verwaltung 2020 von Corona ziemlich überrascht in einem Prozess, die Verwaltung nach und nach zu mehr Homeoffice zu befähigen. Das war auch schon vor dem Lockdown so. Aber es ging der Verwaltung dann wie den Schulen: Als es ernst wurde, war man tatsächlich nur zu einem recht kleinen Prozentsatz bereit, tatsächlich ins Homeoffice zu wechseln. Eine SPD-Anfrage hat jetzt genauere Daten ans Licht gebracht.

Die SPD-Fraktion hatte im November ihre Anfrage zu den Homeoffice-Regelungen bei der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben gestellt, um zu erfahren, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatsächlich aktuell von zu Hause aus arbeiten und bei wie vielen Arbeitsplätzen die technischen Voraussetzungen vorliegen, sodass die Mitarbeiter diese Möglichkeit auch nutzen können.„Grundsätzlich wurde deutlich, dass es bei der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben beim Thema Homeoffice noch einigen Nachholbedarf gibt“, erklärt nun die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Anja Feichtinger, die ihre Fraktion im Fachausschuss Allgemeine Verwaltung vertritt, zu der Antwort aus dem Dezernat Allgemeine Verwaltung.

„Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es aktuell darum geht, Kontakte zu reduzieren und potenzielle Infektionswege zu unterbrechen, ist es notwendig, dass Regelungen zur Heimarbeit möglichst großzügig gestaltet werden.“

Beispielsweise ist aktuell nur knapp ein Drittel der rund 5.000 computergestützten Arbeitsplätze in der Stadtverwaltung selbst technisch so ausgestattet, dass ein mobiles Arbeiten möglich ist. Auch die Nutzung privater Endgeräte ist aus Gründen der Informationssicherheit derzeit ausgeschlossen.

Andererseits war die Startposition der Verwaltung gar nicht so schlecht, wie das Verwaltungsdezernat mitteilt: „Zum Jahresende waren ca. 5.000 Arbeitsplätze der Stadtverwaltung computergestützt. Es waren 1.578 mobile Geräte im Einsatz, mit welchen mobiles Arbeiten/Homeoffice möglich ist. (…) Die mobilen Endgeräte werden teilweise von verschiedenen Beschäftigten im Rahmen eines Wechselmodells genutzt. Weitere Geräte werden laufend beschafft.“

Was eigentlich auch heißt, dass von den Mitarbeiter/-innen, die computergestützt arbeiten, praktisch jede/-r Dritte auch im Homeoffice arbeiten könnte, da die entsprechenden mobilen Geräte zur Verfügung stehen.

Tatsächlich genutzt aber haben diese Möglichkeit scheinbar exemplarisch immer nur so 199 Mitarbeiter/-innen der Verwaltung, auf alle 8.459 Verwaltungsmitarbeiter/-innen gerechnet gerade einmal 2,3 Prozent.

Wobei das Verwaltungsdezernat auch betont, dass man in Wirklichkeit wesentlich flexibler arbeitete. So waren 704 Beschäftigte bis Jahresende mindestens an einem Tag ganztägig oder stundenweise im Homeoffice.

„Uns ist klar, dass von heute auf morgen nicht für alle Arbeitsplätze die Beschaffung von mobilen Endgeräten möglich ist. Um allerdings gerade in Zeiten, in denen das Infektionsgeschehen stärker ist, mehr Möglichkeiten für Homeoffice zu schaffen, sollte umgedacht werden, wodurch unter Umständen auch die Nutzung von privater Rechentechnik ermöglicht werden kann“, gibt Anja Feichtinger zu bedenken.

„Dadurch könnten mehr Mitarbeiter teilweise oder vorübergehend vollständig von zu Hause aus arbeiten. Darüber hinaus halten wir es für notwendig, dass für Büros, in denen im Normalfall zwei oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten und wo Heimarbeit aus verschiedenen, sowohl technischen als auch aufgabenbezogenen Gründen nicht möglich ist, Lösungen gefunden werden, um Kontakte zu verringern. Der Bundespräsident, Gewerkschaften und auch Arbeitgeber rufen gemeinsam dazu auf, dort wo es irgendwie möglich ist und wo die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zwingend vor Ort sein müssen, Homeoffice-Lösungen anzubieten. Hier sehen wir bei der Stadtverwaltung und den Eigenbetrieben noch Potenziale.“

Um diesem Wunsch zu genügen, probiere man gerade etwas anderes aus, so das Verwaltungsdezernat: „Um die Arbeit im Homeoffice kurzfristig zu ermöglichen, wird gegenwärtig die Verlagerung von Arbeitsplatz-PCs in das häusliche Arbeitsumfeld der Beschäftigten erprobt und es werden schrittweise weitere mobile Endgeräte an die Beschäftigten der Stadtverwaltung ausgerollt.“

Aber hohe Hürden entstehen vor allem durch zwei Dinge – das eine ist die Datensicherheit, die gerade dann gewährleistet werden muss, wenn von außen auf Gemeinschaftsnetzwerke zugegriffen werden soll. Was dann die Nutzung von Privatgeräten eigentlich ausschließt. Und das andere ist die vom Verwaltungsdezernat genannte Richtlinie zur Heimarbeit, die auch ziemlich umfassende Vorschriften dazu macht, wie ein heimischer Arbeitsplatz auszusehen hat

„Die Genehmigung von Homeoffice erfolgt demnach durch die Amts- und Referatsleiter in eigener Verantwortung für ihren Fachbereich unter Berücksichtigung der individuellen, organisatorischen und dienstlichen Möglichkeiten“, betont das Verwaltungsdezernat. „Ein Controlling der Genehmigungspraxis in den Fachämtern findet nicht statt. Es kann daher keine Aussage darüber getroffen werden, wie viele Anträge aus welchen Gründen abgelehnt wurden.“

Denn die Arbeit der Ämter und Abteilungen muss ja möglichst weitergehen und auch funktionieren. Was augenscheinlich auch ein neues Denken in den Ämtern erfordert: Wie kann so eine Verwaltung digital netzwerken und tatsächlich den größten Teil der Arbeit ins Homeoffice verlagern?

Die Antwort aus dem Verwaltungsdezernat jedenfalls zeigt, dass das auch für Leipzig Neuland ist. Und wenn man den täglichen Verkehr auf Leipzigs Straßen sieht, scheint das auch bei anderen Institutionen und Unternehmen genauso zu sein. Es wird zwar viel übers Homeoffice geredet – aber den mentalen Schritt zum digitalen Arbeiten und zum (zeitweisen) Verzicht auf die Präsenz am Arbeitsplatz hat auch im Corona-Jahr nur eine Minderheit getan.

Dabei ist das Interesse am Homeoffice groß und es wird nach Ende der Pandemie auch nicht verschwinden, wie das Verwaltungsdezernat betont: „Im Ergebnis der Mitarbeiterbefragung in der Stadtverwaltung 2019 wurde bereits ersichtlich, dass die Instrumente Homeoffice und mobile Arbeit von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stark nachgefragt werden und einen wesentlichen Faktor für Mitarbeiterzufriedenheit sowie Arbeitgeberattraktivität darstellen. Es ist zu erwarten, dass diese Instrumente auch nach der Pandemie weiter nachgefragt werden.“

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