400 Demonstranten protestierten am 7. August gegen den Leipziger Auftritt der NPD bei ihrer touristischen Werbekarawane durch ganz Deutschland. Dabei vergisst man beinah, dass die rechtsextreme Partei gerade einmal mit 27 Personen angereist war. Krach gemacht hat sie aber zwei Stunden lang wie für 270. Minimalistisch nennt man das wohl. Richard Gauch ist trotzdem sauer auf eine Ordnungsbehörde, die keinerlei Maßstäbe mehr kennt.

Das Leipziger Ordnungsamt hatte nicht nur die NPD-Kundgebung am Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma genehmigt, es hatte auch eine Überschreitung der genehmigten Redezeit von einer Stunde zugelassen. Kein Stadtvertreter war da, der einschritt. Dafür stand der große Reise-Lkw der NPD da, der gegen Einwanderung mobil machte. Ein Riesentrumm, das die ganze Goethestraße beschallte mit acht Lautsprechern nebeneinander oben auf dem Fahrzeugkasten.

Auch Richard Gauch, Projektleiter der Gruppe “Gedenkmarsch” Leipzig, protestierte gegen die Werbeaktion der NPD. Ziemlich verblüfft über die Tatsache, dass die Rechtsradikalen zwei Stunden lang die Straße beschallen durften mit einer Anlage, die das Ordnungsamt friedlicheren Kundgebungen in Leipzig nicht genehmigt.So wurde dem Friedenszentrum Leipzig e. V. am 9. November 2011 für eine Gedenkveranstaltung in der Gottschedstraße die Benutzung eines Megafons untersagt, wenn die Teilnehmerzahl unter 30 Personen bliebe. Ansonsten würde die Benutzung von Lautsprecher oder Megafon als Störung des Straßenverkehrs gewertet. Dazu bemühte das Amt tatsächlich den § 33, Abs. der StVO. Danach ist der Betrieb von Lautsprechern tatsächlich verboten.

Für die NPD hatte das Ordnungsamt die Goethestraße gleich mal komplett gesperrt. Verständlich, dass Richard Gauch nun so langsam befürchtet, dass in der Leipziger Stadtverwaltung Dinge geschehen, die mit dem sonst gepflegten weltoffenen Bild nicht viel zu tun haben.

“Die Tonanlage der NPD hätte niemals in Betrieb genommen werden dürfen! Von einer Anfrage auf Verlängerung der Veranstaltung beim Ordnungsamt hätte die NPD so, ohne Tonanlage, wahrscheinlich auch abgesehen”, kritisiert Gauch diese seltsame Politik. “Oder bekam die NPD, von der ‘Stadt Leipzig’ doch ganz bewusst ein Vorteilspaket, inkl. zeitlicher Verlängerung? Sollte ich leider doch Recht haben und die ‘legale Schändung des Gedenkortes für Sinti und Roma durch die NPD ist nur die ‘Spitze des Eisberges’?”

Er befürchtet, dass Oberbürgermeister Burkhard Jung das Ordnungsamt nicht mehr im Griff hat. Vielleicht tanzen aber im Ordnungsamt nur noch die Mäuse auf dem Tisch. Jeder macht Seins. Und das, was als Ergebnis öffentlich wird, zeugt von banaler demokratischer Inkompetenz.

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