Auch 2012 wird Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) wohl gelingen, was ihm 2011 zum ersten Mal gelang: Den Haushalt fürs nächste Jahr schon im Dezember dem Stadtrat zur Beschlussfassung vorzulegen. "In der Hoffnung, dass wir dann auch die Genehmigung früher bekommen", sagt Bonew. Es ist der zweite doppische Haushalt für die Stadt Leipzig.

Er listet zwar genauso Einnahmen und Ausgaben auf wie frühere Haushalte. Doch er betrachtet die Stadt wie ein Wirtschaftsunternehmen, das nicht nur keine Verluste machen sollte und damit gezwungen wäre, Schulden zu machen. Es muss auch seine Maschinen und Anlagen in Schuss halten. Das passiert in der kaufmännischen Rechnungsführung so, dass jede einzelne Investition auch wieder abgeschrieben werden muss – und zwar in der Regel über den Zeitraum, bis die Anlage rein faktisch erneuert werden müsste. Wenn sie gut gebaut ist, muss sie dann nur repariert oder saniert werden. Aber auch das kostet Geld.

Ein Unternehmen, das nicht in seinen Bestand investiert, verschleißt nicht nur, es verliert in den Büchern auch an Wert. Ein Wert, den Torsten Bonew für Leipzig am 11. September erstmals öffentlich mit 3,9 Milliarden Euro bezifferte. Das Neue Rathaus, in das in den letzten Jahren immer wieder kräftig investiert wurde, steht zum Beispiel mit 51 Millionen Euro im Bestand. “Wir verkaufen es trotzdem nicht”, hatte Bonew noch dazu gesagt.

Das Alte Rathaus, bei dem die größeren Sanierungen fast alle schon abgeschrieben sind, taucht dagegen nur mit 1,5 Millionen Euro auf. Der historische und symbolische Wert für die Stadt sind freilich nicht bezifferbar. Jede sanierte Handschwengelpumpe im Stadtgebiet kostete in der Restaurierung mehrere Tausend Euro. Angesetzt wird ihr Wert aber nur mit 1 Euro. Das Gohliser Schlösschen für 280.000 Euro? – Ein Schnäppchen. Damit wäre es preiswerter zu haben als das Rosental, das mit 398.000 Euro in den Bücherrn steht. Aber auch das wird nicht wieder verkauft.

Dafür wird der Grund seinen Wert behalten. Und für die Gebäude muss immer wieder neu investiert werden. Eine Werterhaltung, die dann im Haushalt auftauchen muss. Als Investition. Liegt die Investitionssumme – wie 2012 – unter den aktuellen Abschreibungen der Stadt, entsteht zwangsläufig ein Defizit. 60,7 Millionen Euro waren es rechnerisch zu Jahresbeginn. Für den Start in die Doppik hat der Freistaat den Kommunen gnädig gewährt, dass das passieren darf.Den Spielraum nutzte Leipzig 2012. “Mussten wir nutzen”, sagt Bonew. “Denn damals hatten wir ja noch nicht die Ergebnisse der Eröffnungsbilanz vorliegen. Heute sind wir klüger.” Das Defizit verschwindet zwar nicht einfach, weil man jetzt weiß, was der Stadtbesitz so mindestens wert ist. Aber Bonew versucht, das Defizit bis Jahresende auf Null zu drücken.

Dabei hilft ihm vor allem das höhere Steueraufkommen. Mit rund 41 Millionen Euro mehr aus Steuereinnahmen rechnet der Finanzbürgermeister nach den aktuellen Vorausschätzungen. Dazu kommt ein Sonderposten aus der Eröffnungsbilanz von 39 Millionen Euro. Und eine kleine Umschreibung: Die 14,27 Millionen Euro, die die Stadt eigentlich von der LVV bekommen sollte, wird nicht ausbezahlt, sondern in eine Kapitaleinlage verwandelt, die bei der LVV bleibt, taucht also nicht als Mindereinnahme im Stadthaushalt auf. Gegenzurechnen sind unter anderem 10 Millionen Euro mehr bei Personal und 15 Millionen Mehrbedarf in den Dezernaten. Vornean natürlich das Sozialdezernat, wo sich in diesem Jahr besonders die Sozialleistungen für die Älteren bemerkbar machen.

Es lässt sich also nicht alles vorhersehen, was den Haushalt der Stadt beeinflusst. Und es lässt sich auch nicht alles vermeiden. 85 bis 90 Prozent von den geplanten Ausgaben von 1,3 Milliarden Euro, so Bonew, sind Pflichtaufgaben. Die muss die Stadt erfüllen, auch wenn sie dafür von Bund und/ oder Land nicht die benötigten Gelder bekommt. Deswegen liegen die eigentlichen Entscheidungsspielräume der Stadt tatsächlich nur in zwei Bereichen: in der Kultur und bei den Investitionen.

Und Spielräume entstehen eigentlich nur, wenn die Einnahmen steigen. Nach 180 Millionen Euro Gewerbesteuer-Einnahmen im Jahr 2012 rechnen Jung und Bonew im nächsten Jahr mit einer satten Steigerung auf 210 Millionen Euro. “Und das ist sehr konservativ gerechnet”, sagt Bonew. Beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer rechnet er mit einer Steigerung von 92 auf 103 Millionen Euro, bei der Umsatzsteuer mit einer Steigerung von 30,4 auf 32,2 Millionen. Ein Teil muss freilich auch wieder für höhere Personalkosten eingeplant werden. Die Tarifsteigerungen 2013 bedeuten in der Kernverwaltung über 12 Millionen Euro mehr, in den Eigenbetrieben der Stadt zusätzliche 7 Millionen.

Wo Leipzig 2013 gezielt Geld ausgeben will, lesen Sie gleich hier an dieser Stelle.

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