Dem Leipziger OB-Wahlkampf 2013 ist nach Weihnachten noch das passiert, was vorher kaum einer noch erwartet hatte - er wurde spannend. Und er hat einige seltsame Zwischenbilder korrigiert. Insbesondere diverse Wahlprognosen, die am Ende nicht mal 'ne Tüte Brötchen wert waren. Rausgeschmissenes Geld eigentlich. Am Ende zeigt sich, dass rund 70.000 Leipziger die Arbeit von Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD) durchaus zu schätzen wissen.

Er führt das Rennen am 1. Wahltag mit 40 Prozent der Stimmen an. Was ihn natürlich zum Favoriten im zweiten Wahlgang am 17. Februar prädestinieren wird. Da genügt dann die einfache Mehrheit. Natürlich wird jetzt hinter den Kulissen überlegt, wie man mit dem zweiten Wahlgang umgeht. Die Herausforderer haben nur Chancen, wenn sie einander unterstützen.

Auch Horst Wawrzynski, parteiloser Kandidat der CDU, überlegt schon. Tendiert aber zu einem mutigen Kräftemessen. Mit 26 Prozent der Stimmen (was immerhin 45.000 Stimmen bedeutet), liegt er heute Abend auf Rang zwei. “Ich bin zufrieden, auf Anhieb 26 Prozent zu erzielen, ist ordentlich und ich gehe davon aus, dass es in drei Wochen noch besser aussehen kann, wenn wir die Zeit gut nutzen”, sagt er an diesem Abend. Und in Richtung Burkhard Jung: “Als Amtsinhaber bei all der Unterstützung durch Prominente nur 40 Prozent zu holen, da hätte ich mir an der Stelle mehr erhofft. Wir werden nun weiter in die Stadtteile gehen und mit den Menschen reden, dann wird schon deutlich werden, wie ich mich von Herrn Jung abhebe. Ich will eine saubere Politik, deshalb wird es keine Absprachen mit anderen Bewerbern geben, ich will mich da nicht abhängig machen. Wenn es Unterstützung für den zweiten Wahlgang geben wird, bin ich natürlich dankbar.”

Das ist dann die Frage. Denn bei dieser Wahl haben auch Linke, Grüne und der unabhängige Kandidat Dirk Feiertag gezeigt, dass es den alten Dualismus Rot vs. Schwarz so in Leipzig nicht gibt. Zusammen haben Barbara Höll, Felix Ekardt und Dirk Feiertag 32 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt. Leipzig ist unübersehbar bunt. Und mit absoluten Mehrheiten auch in einer OBM-Wahl kann auch ein bekannter Kandidat nicht mehr rechnen. Der Erdrutsch-Sieg von 2005 war der damaligen Popularität von Wolfgang Tiefensee geschuldet.
Aber es ist nicht nur die Popularität des SPD-Kandidaten, die den Unterschied macht. Die vergangenen sieben Jahre sind auch Jahre, in denen sich neue Politikmodelle abzuzeichnen begannen. Stichworte: Nachhaltigkeit, Transparenz, Bürgerbeteiligung.

Das haben ganz bestimmt viele Wähler diesmal auch mit unterschiedlichen KandidatInnen assoziiert. Und so manche Partei und Wählervereinigung wäre gut beraten, diese Mega-Themen in den nächsten Jahren nicht zu vergessen. Denn über diese Politikfelder wird sich die Leipziger Zukunft definieren. Alles andere ist damit verknüpft – die Sozialpolitik genauso wie die Wirtschaftspolitik. Letzteres ein Politikfeld, auf dem gern gemogelt wird. Aber das wird auf Dauer nicht gelingen.

Denn 2014 sind zwei wichtige Wahlen in Leipzig – die zum Stadtrat und die zum Landtag. Und die jetzt schon sehr bunte Zusammensetzung des Stadtrates wird sich sehr wahrscheinlich noch weiter verändern – weg vom klassischen Dreiklang Rot / Rot / Grün hin zu mehr Bunt.
Burkhard Jung schafft diesmal 70.223 Stimmen (40,2 Prozent), Horst Wawrzynski kommt auf 45.253 Stimmen (25,9 Prozent), Barbara Höll sammelt 26.767 Stimmen (15,3 Prozent), Felix Ekardt kommt auf 17.802 Stimmen (9,8 Prozent), Dirk Feiertag auf 11.967 (6,9 Prozent) und René Hobusch auf 3.176 (1,8 Prozent).

40,7 Prozent der Wahlberechtigten haben gewählt. Was zumindest davon zeugt, dass dieser Wahlkampf etwas spannender und den Leipzigern wichtiger war als der von 2006.

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Auch Ergebnisse aus den Ortsteilen gibt es schon. Und sie zeigen, was sich da in der Stadt in den letzten Jahren so prägnant verändert hat. Seine stärksten Ergebnisse bekam der von der CDU unterstützte Horst Wawrzynski dort, wo die CDU traditionell stark ist – in den Leipziger Außenbezirken. In Lindenthal schaffte er sogar die 40 Prozent. Aber entscheidend für die Wahl sind nun mal die bevölkerungsreichen Innenstadtbezirke. Und da landete Wawrzynski eher zwischen 20 und 25 Prozent. In Connewitz, wo er in dieser Woche so übel mit Wasserbomben attackiert wurde, erhielt er 16 Prozent.

Die Linke-Kandidatin punktete mit 20-Prozent-Ergebnissen vor allem in Grünau und Gohlis-Nord. Und Felix Ekardt, der Kandidat der Grünen, schaffte seine 20-Prozent-Ergebnisse in der Südvorstadt, in Schleußig und in Lindenau. Aber auch der unabhängige Kandidat Dirk Feiertag hatte seine Hochburgen und schaffte Ergebnisse deutlich über 10 Prozent zum Beispiel in Connewitz, Plagwitz und Lindenau.

Zu guter Letzt noch das Statement des Wahlsiegers Burkhard Jung: “Ich habe fest mit einem zweiten Wahlgang gerechnet. Der Wahlkampf lief ja ziemlich fünf gegen einen. Ich respektiere jeden, der es sich zutraut, dieses Amt auszufüllen, will aber keine Ratschläge für ein weiteres Vorgehen geben, das muss jeder Kandidat selbst entscheiden. Für mich zählt noch einmal, Gas zu geben und meine Politik möglichst vielen Leipzigerinnen und Leipzigern zu erklären. Der Fokus liegt auf dem zweiten Wahlgang.”

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